laut.de-Kritik

Betrunken im Krankenbett.

Review von

Erneut schnappt Chefsarkast Frank Z sich den Stationsarzt Rod Gonzales zum scheppernden Punk-Cocktail. Erneut setzt er auf die altbekannte Mischung von neuen Tracks und neu interpretierten alten Kloppern aus der eigenen Kultecke. Dabei schüttelt er Asse und Rohrkrepierer aus dem rotzigen Ärmel.

Abwärts covern Cohen? Hallelujah! Frank Z nimmt sich passender Weise das ebenso prophetische wie pessimistische "The Future" vor. Obgleich ihm die Lyrics inhaltlich liegen, scheitert Ziegert hier auf ganzer Linie. Wo der kanadische Partisan der Liebe über Stimme und Melodie jenes warme Charisma transportiert, das die Zeilen als Kontrast benötigen, röchelt sich der Hamburger Urpunk zu belanglosem Rhythmusgedengel einen herunter, als liege er betrunken im Krankenbett. Lasst man stecken, Leute!

Die Variationen eigener musikhistorisch bedeutsamer Klassiker wie "Computerstaat 3.0", "Aus Einem Gartenhaus" oder "Beirut Holiday Inn 3.0" geraten deutlich souveräner. Doch auch hier vermisst man etwas die überbordende Energie früherer Versionen, wie etwa der live gespielten Alternativen von seiner "Mehr Alkohol" Mini-LP anno 1988. Ein ordentlicher Wumms im Sound wie in den Zeiten der herausragenden Platte "Herzlich Willkommen Im Irrenhaus" hätte allen Tracks insgesamt gut getan. Ex-Rainbird Gonzales ist hier anscheinend keine Hilfe.

Doch es gibt auch sehr inspirierte Momente, in denen Frank Z in bester Lou Reed Tradition den gewohnt teilnahmslosen oder zornigen Beobachter der menschlichen Gosse gibt. Im herrlich abgefuckten "Berlin Goerlitzer Park" bringt er in Manier einer Western-Serenade eine Art teutonischen Gegenentwurf zu "I'm Waiting For My Man". "Und auch die Sonne hat sich schon verpisst. Kein Dope, kein Fun, kein Geld!"

Auch das sich in hypnotischer Monotonie ins Hirn schabende "Hollywood" macht viel Spaß; ebenso die im klassischen Bandstil angelegten "Das Verhör" und "Ein Bus wird Kommen". Mit dem Gassenhauer "Die Model" hat er sogar einen echten Hit im Programm. Ein finster-nächtliches Szenario samt Brecht/Weill-Zitat und catchy Arrangement rocken den schicken Song mühelos nach Hause. "Doch man sieht nur, die im Licht sind. Die im Dunkeln sieht man nicht."

Das Titelstück "Krautrock" überzeugt getreu seiner Vorgabe mit ungewohntem Motorik-Beat und einem Gewand, das nicht unerheblich an Neu! erinnert. Abwärts trifft auf "Hallogallo"? Warum nicht! Dazwischen gibt es leider auch Belanglosigkeiten wie "Wachkoma" oder "Parallelwelt", die sich anödend schnell aus dem Gedächtnis verabschieden, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

So läuft der verdiente Veteran der Gegenkultur einmal mehr der Hochform vergangener Tage hinterher, ohne richtig zu enttäuschen. Auf echte Großtaten wie "Comic Krieg" muss man weiterhin verzichten. Das ist schade. Um es mit den Worten Frank Ziegerts zu sagen: "Wie lange warten wir schon, wie lange warten wir schon?"

Trackliste

  1. 1. Berlin Görlitzer Park
  2. 2. Hollywood
  3. 3. Wachkoma
  4. 4. Die Model
  5. 5. Parallelwelt
  6. 6. Peking Spring Smog
  7. 7. Aus einem Gartenhaus
  8. 8. The Future
  9. 9. Das Verhör
  10. 10. Ein Bus wird kommen
  11. 11. Computerstaat 3.0
  12. 12. Beirut Holiday Inn 3.0
  13. 13. Krautrock

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