laut.de-Kritik

Der erste Output nach dem Reboot: Smooth as hell.

Review von

"It's me. It’s me. It's me", posaunt Bronsolino ins Mikro und mal ehrlich: Wer hätte anderes erwartet? Wo Action Bronson draufsteht, ist Bronsons Action drin. Und das ist gut so. Das Ego des Big Man lässt ohnehin kaum Raum unterhalb der Korb-Zone.

Allerdings sind die Voraussetzungen für einen ganz und gar entfesselten Bronson besser denn je, hat sich dieser doch jüngst von der Bevormundung seines Major Labels befreit. Selbst das Band mit Vice, über die seine Show "Fuck, that's delicious" lief, hat er gekappt.

"White Bronco" ist demnach der erste Output nach dem künstlerischen Reboot - ein gravierendes Update stellt es gleichwohl nicht dar. Boom Bap Rap trifft auf E-Gitarren-Samples trifft auf jazzy Loops trifft auf Lyrics, die sich aus US-Sport Referenzen, gutes Essen, Modemarken und Raumfahrt speisen. Alles wie gehabt also? Auf jeden Fall! Gute Unterhaltung ist dennoch geboten: "This new shit swings like Tiger at the masters".

Wer den Lebensweisheiten des Bronsolinos schon länger lauscht, weiß, dass sich so etwas wie ein Plot oder dergleichen in seinen Songs mitnichten rekonstruieren lässt. Subtilität war nie Bestandteil seines künstlerischen Repertoires: "Bronco (It's me, it's me)". Wahnsinn, wer hätte das gedacht? Den einzelnen Tracks übergeordnet sind Pferdegewieher und Tuorrete-ähnliche Anfälle des Künstlers, die vor allem auf eines hinauszielen: "Just notice me, baby, just notice me".

Nicht von ungefähr fühlt sich jeder Release dann auch wie die neue Staffel einer Sitcom an, deren Showrunner und Star dem Zuschauer mit jeder neuen Folge mehr ans Herz wächst. Statt 'Prince von Bel Air' heißt es "Prince Charming", und der Drehort wird vom heimeligen Wohnzimmer einer Upper class-Villa in die Weiten des Bronson-Universums verlegt.

Gesendet wird "Live From The Moon" mit Knwxledge als Produzent an Bord, der Bronsons Vocals in butterweiche Synths taucht. Zum Abschluss schlendert Yung Mehico durch die Szenerie. Der Newcomer und sein Sax hüpfen derart lässig über sämtliche Mondkrater hinweg, dass es einem die Schuhe auszieht. Zerfließende Piano-Tupfer und das nachklingende Saxophon heißen den Titeltrack willkommen. Allein für dieses nahtlose Andocken in der Schwerelosigkeit lohnt das Einschalten.

Zeilen wie "And for my birthday, mommy blessed me with a chopper / On my worst day, you couldn't clean my boxers" ("Ring Ring") oder "Don't drink gin and tonic / Only natural wine to be honest / Your chick plastic like fake rice from China / Staring in the mirror like, 'I hate my vagina'" ("Irishman Freestyle") rufen unweigerlich den Reflex hervor, sich an die Stirn zu fassen und ein 'Classic Bronson!' zum Besten zu geben: "You either got it or you don't, there's nothing to it". In der Tat, volle Zustimmung dafür.

Und so macht sich denn auch die Erkenntnis breit: Bronson bleibt unangreifbar, nimmt er für sich doch jene Ausnahmestellung heraus, die er nicht müde wird, zu betonen: "Man, I don't fuck with none of these bastards / I'm like a fucking father to these bastards / Shut the fuck up and eat your pudding ("White Bronco"). Im Wonderland des Rap gibt Bronson den verrückten Hutmacher, quasi ein schwerer Johnny Depp, der sowieso nach eigenen Regeln spielt.

Der schräge Humor und die Larger than life-Attitude Bronsons reicht dann aber doch nicht aus über Dellen im Gesamtbild hinwegzutäuschen. Ein Totalausfall, weil einfach nur nervig, ist "Brutal", dass die Laid back-Atmosphäre der vorangegangenen Tracks brutalst verpuffen lässt. Klar machen Dr. Jeckyl und Mr. Hyde einen großen Teil seines Unterhaltungswerts aus, dass dies nicht immer aufgeht und manchmal einfach ziemlich auf die Stimmung drückt, zeigt sich hier. Meyhem Lauren holt den Karren auch nicht aus dem Dreck und bleibt mächtig blass.

Einziges nennenswertes Feature neben dem zu kurzen Strahlen Yung Mehicos bleibt A$ap Rocky, der auf "Swerve On Em" für einen Augenblick das Mic in die Hand nimmt, ehe sich "Baby Boy Bronsolino" wieder dazwischen drängt - aber alles cool zwischen den beiden Fellas, die prächtig harmonieren und sich in ihrem Drang nach Aufmerksamkeit verbunden zeigen.

"I'm just a piece of art", gibt uns Bronson zum Abschlus mit auf den Weg. Ob dieser Zustand mit künstlerischen Stillstand einhergeht? Man weiß es nicht. "White Bronco" bleibt den Gegenbeweis jedenfalls schuldig, ist es dann doch genau das, was wohl wirklich alle erwartet haben. Womöglich erhascht man im Gleichklang seiner Musik das Äquivalent des Bronson Way Of Life, und der Mann ist längst zum Kern seines Daseins vorgedrungen. Vielleicht hat er auch die Matrix durchbrochen und schwebt längt in anderen Dimensionen. Eventuell schließt das eine das andere auch nicht aus. Ja, who knows? "Aw, man, we lost 'em to the lights again".

Trackliste

  1. 1. Dr. Kimble
  2. 2. Irishman Freestyle
  3. 3. Mt. Etna
  4. 4. Live From The Moon
  5. 5. White Bronco
  6. 6. Brutal
  7. 7. Prince Charming
  8. 8. Telemundo
  9. 9. Picasso's Ear
  10. 10. Ring Ring
  11. 11. Swerve On Em

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