laut.de-Biographie
Aespa
Fast jede K-Pop-Gruppe hat ein Gimmick. Früher waren die relativ eindimensional: SNSD und Twice haben jedem Mitglied eine Farbe zugeordnet, bei der Boyband EXO hat jeder Member eine eigene Superkraft, die dann manchmal etwas klobig in den Musikvideos zu Tage tritt. Aber zwischen der dritten und vierten Generation des Genres hat sich ein Eifer entwickelt, diese Konzepte als ambitionierte Storytelling-Vehikel zu begreifen. Bei Gruppen wie NCT oder LOONA trugen die elaborierten Storylines so abstruse Blüten, dass sie bis in die Release-Taktiken und Songs klar spürbare Auswirkungen zeigen.
Der verrückteste Alchemist dieser Taktik bleibt Lee Soo-Man. Der Gründer des SM-Labels hat einen Faible und eine Geschichte für die ausgefalleneren Gruppen des Genres. Gerade an den Girlgroups hat sein Erbe Mythos und Vermächtnis. Wer auf Girl's Generation, f(x) und Red Velvet zurückblicken kann, weckt natürlich Erwartungen, wenn er eine neue Girlgroup ankündigt.
Entsprechend groß war die Neugier, was diese Adelsfolge nun erweitern soll. Aber niemand hatte damit gerechnet, wie schräg es mit Aespa zugehen würde. Alles beginnt mit der Kontroverse: Wird Aespa verfrüht aus dem Projekt-Keller gezerrt, weil der aktuelle Goldesel Red Velvet dank eines Skandals um Leaderin Irene zum ersten Mal in stürmischen Wassern segelt? Diese Theorie ist nicht so abwegig, wird doch landläufig gemutmaßt, dass Red Velvet selbst 2014 viel zu früh in die Welt gesendet wurde, weil derzeit deren Vorgänger f(x) unter Skandalen zerbrach.
Was tut Aespa also, um so viel Kontroverse entgegenzusehen? Die vierköpfige Gruppe aus Karina, Winter, Ningning und Giselle ist einfach unapologetisch schräg. Die erste Information, die die Öffentlichkeit erfährt: Eigentlich sollte man das Vierergespann als eine Achter-Kombo sehen. Denn jedes Mitglied wird noch von einer AE-Version unterstützt. Aespa steht für "Avatar Experience" und spannt noch vor dem Debüt eine elaborierte und bizarre Science-Fiction-Geschichte auf.
2020 kommt das Debüt mit dem Song "Black Mamba". Und auch wenn die Attitüde und die Songstruktur an die Girl Crush-Erfolgsformeln von Blackpink und ITZY erinnert, macht der erste Song Aespa doch spürbar einzigartig. Eine Ästhetik, so cyberpunk, hat sich noch kaum eine Gruppe zugetraut. Die Kontroversen, die Neugier und die Größe des Label-Namens zeigen Wirkung: Das Debüt wird mit über dreißig Millionen Views am ersten Tag der größte Impact einer neuen Gruppe in der Genre-Geschichte.
So kann man sich sicher sein, dass Aespa noch eine ganze Weile später das Gespräch der Stadt bleiben wird. Weil sich die K-Pop-Welt fragt, ob die Avatar-Versionen der Sängerinnen, die bislang nur Cameos in den Videos lieferten, noch größer aufgebauscht werden. Was es mit der Storyline auf sich hat, die in "Black Mamba" schamlos ins Zentrum des Textes gewoben wird. Und vor allem: Wie wird der Sound dieser Gruppe sich entwickeln, wenn sie sich als Marke erst einmal etabliert hat? Aespa trägt zurecht den Titel der Monster Rookies – und sollten sie in den kommenden Jahren Qualität sprechen lassen, könnten sie das Gesicht des Genres nachhaltig verändern.
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