laut.de-Kritik
Den Schmerz wegtanzen.
Review von Josephine Maria BayerAch Agnetha, was soll das denn? Die blonde ABBA-Ikone steigt zum zehnjährigen Jubiläum ihres Albums "A" von ihrem Pop-Thron, auf dem sie sich eigentlich wohlverdient ausruhen dürfte. Mit dem Schlager-lastigen Remake "A+" quetscht sie stattdessen noch etwas Geld aus dem Überrest ihrer ermüdeten Solokarriere. Das Ergebnis ist ein ein glattgezogenes und entseeltes Trauerspiel, das an die missglückten Botoxinjektionen gealterter Reality-Stars erinnert; nur, dass hier statt des schmerzhaften Gifts eine ganze Menge Autotune zum Einsatz kam.
Bis auf den neuen Track "Where Do We Go From Here?" stammen alle Gesangsspuren von den Originalaufnahmen, die vor über zehn Jahren entstanden. Auch das Duett mit Take That-Sänger Gary Barlow wurde wieder aufgetaut und neu erwärmt - und schmeckt leider immer noch ganz furchtbar.
Mit den lieblos abgemischten Songs verweigert sich Agnetha jeglichem künstlerischen Anspruch. Die Bequemlichkeit wäre der inzwischen 73-Jährigen nachzusehen, wenn es nicht andere Musiker gäbe, die fortwährend bewiesen, dass ihnen selbst im Winter ihres Lebens noch neue Ideen einfallen.
Auf Social Media gab die einst begnadete Sängerin selbst zu, dass sie für das Endprodukt kaum einen Finger gekrümmt hat. Sie habe die Jungs, die damals "A" produziert hatten angerufen und gefragt, ob sie das Album etwas aufpeppen könnten. Diese ließen sich nicht zweimal fragen.
Doch einen wirklichen Gefallen haben Produzent Jörgen Elofsson & Co. ihr damit nicht getan. Neben besagtem Autotune-Effekt, der über sämtliche Gesangsspuren gelegt wurde, weisen die neuen Versionen einen aufdringlichen Tanz-Beat auf. "Perfume In The Breeze" und "Past Forever" etwa klingen im Original um einiges akustischer. Die neuen Fassungen schreien hingegen nach Dorf-Disko.
"Dance Your Pain Away" erinnerte in der ursprünglichen Version mit den vergnügten Streichern und dem funkigen Bass ein wenig an den ABBA-Hit "Summer Night City". Doch auch davon ist in der roboterhaften Neufassung kaum etwas übrig geblieben. Es dürfte nur wenigen Zuhörenden gelingen, der Aufforderung des Songtitels nachzukommen, zumindest wenn besagter Song im Hintergrund spielt. Um den Schmerz dieses Hörerlebnisses wegzutanzen, empfiehlt sich eher der Griff nach den guten alten ABBA-Platten, deren Authentizität und Lebendigkeit "A+" um Längen übertrifft.
2 Kommentare mit einer Antwort
Weil ich schon seit 45 Jahren in sie verliebt bin - 5/5
Liebe macht also nicht nur blind.
Lang lebe ABBA, aber das hier muss wohl wirklich nicht sein.