laut.de-Kritik

So live klangen die Franzosen noch nie.

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Das Medium Film wurde offiziell 1895 in Frankreich erfunden. Und wenn jemand offiziell einen Klassiker der Stummfilmhistorie vertonen soll, dann beauftragt die Cinémathèque Francais natürlich Landsleute. Air sind mit ihrem ambienten, an analoger Elektronik orientierten, psychedelischen Verständnis von Popmusik auch genau die richtige Adresse, um entsprechende Atmosphären zu erzeugen.

Der rund eine Viertelstunde lange Film "Le Voyage Dans La Lune" (1902) des Franzosen Georges Méliès gilt als Meilenstein der Filmgeschichte: Das erste Weltraumabenteuer, bei dem so etwas wie Special Effects eingesetzt wurden. Eine Version des Streifens wurde jahrelang mühevoll restauriert, was den Auftrag erklärt. Jean-Benoît Dunckel und Nicolas Godin weisen zudem Filmerfahrung vor: Sofia Coppola engagierte sie für "The Virgin Suicides" und "Lost In Translation".

Zuletzt waren Air unter anderem mit Livedrummer unterwegs. Die akustische Ausrichtung prägt auch den Stummfilm-Score - was zweifellos besser zur uralten Filmvorlage passt als Soundscapes aus dem Sequenzer. Daft Punk wären dafür wohl schon zu arg in die Zukunft eingetaucht.

Alles, so Godin, wurde diesmal live eingespielt. Pauken, ein geradliniger Rock-Beat, spärlich gesetzte triolische Fills und ein Shaker etablieren zu Beginn den entspannten Groove des "Astronomic Club", den Bläserhits oder ein Gitarrenlick anreichern. Im letzten Drittel des Tracks bauen Cello, gezupfte Gitarre und weitere Synthiesounds einen melodisch verheißungsvollen Schönklang auf.

Der mündet in "Seven Stars", das mit bassiger Percussion und tiefen Klavierakkorden die Schlagzahl erhöht. In der Mitte holt der Song kurz Luft, um nach dem Startcountdown mit Victoria Legrands Vocals und einer Daft Punk-Gitarre abzuheben.

Rhythmisch ebenfalls bassig marschiert "Parade" - die Nummer könnte sich, ähnlich wie "Sonic Armada", auf einem der "Ocean"-Soundtracks befinden. "Moon Fever" klingt im Anschluss exakt so, wie es der Titel verspricht: sanft und meditativ instrumentiert. Au Revoir Simone haucht noch geheimnisvoll "Who Am I Now?", bevor als drittes Lied mit Lyrics der "Cosmic Trip" dahin pluckert.

Der Stummfilm, für den Air letztlich doppelt so lange Musik produzierten, wie er dauert, liegt der Special Edition bei. "Le Voyage Dans La Lune" tönt durchweg schön analog und ist einer guten Filmstory gleich spannungsreich arrangiert, mal mit überraschenden, ruhigen oder auch gefährlichen Hörmomenten.

In Cannes feierte die restaurierte Fassung samt neuem Soundtrack 2011 Premiere - Méliès wäre 150 Jahre alt geworden. Aber auch ohne bewegte Bilder vor der Nase lässt sich mit der Platte das Kopfkino einschalten.

Trackliste

  1. 1. Astronomic Club
  2. 2. Seven Stars
  3. 3. Retour Sur Terre
  4. 4. Parade
  5. 5. Moon Fever
  6. 6. Sonic Armada
  7. 7. Who Am I Know?
  8. 8. Décollage
  9. 9. Cosmic Trip
  10. 10. Homme Lune
  11. 11. Lava

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