laut.de-Kritik

Die männliche Yvonne Catterfeld kratzt nur an der Oberfläche.

Review von

"Wo macht es Sinn, Geschichte neu zu schreiben?" fragt Alexander Knappe zum Auftakt von "Die Zweite". Die Antwort auf diese Frage hat er leider nicht parat, denn "Neuland" betritt er mit seinem zweiten Longplayer sicher nicht.

Die Casting-Show-Vergangenheit bei X-Factor: längst passé. Mit einem vorgetäuschten Kreuzbandriss bugsierte sich Knappe damals ins Rampenlicht, musikalisch krähte kaum ein Hahn nach ihm. Daran konnte sein Debütalbum nichts ändern und auch dem Nachfolger fehlt es an Substanz und Tiefe. Die Basics sind immerhin vorhanden: Knappes leicht kratzige Stimme erinnert an Bryan Adams, der gebürtige Brandenburger bewegt sich auch mühelos zwischen verschiedenen Tonlagen.

Wie es sich für das Singer/Songwriter-Genre gehört, sind die Melodien eingängig und von Gitarre und Klavier dominiert. Anders als erfolgreiche Kollegen wie Bendzko oder Bourani hinterlässt Knappe aber nicht mehr als ein paar winzige Kratzer in der Oberfläche, wie tiefsinnig das Thema auch sein mag. "Die Zweite" wartet mit der obligatorischen Liebes-Schnulze ("Ohne Dich"), Grübeln über Vergänglichkeit ("Nicht Für Immer (Engel)") und nostalgischem Nachdenken über die Kindheit ("Kind Geblieben") auf; das Motto von Letzterem hätte sich der Sänger aber dick und fett auf die eigene Fahne schreiben sollen: "Das Leben ist so reich, wenn du auch mal was riskierst".

Vor allem was den Aufbau angeht, fährt der Sänger bei jedem Song die gleiche Schiene: Sie alle enden scheinbar nach gut zwei Minuten, nur um dann noch einmal mit ansteigender Lautstärke zurück zu kommen. Dabei erzählt er aber nichts Neues, sondern wiederholt lieber gefühlte tausendmal den Refrain. Knappe ist alles andere als ein Storyteller: Das Fundament bilden Metaphern, die teilweise so platt und ausgelutscht sind, dass man ihn glatt als "Männliche Yvonne Catterfeld" bezeichnen könnte.

Ein höheres Tempo ("Wie In Alten Zeiten") oder elektronische Spielereien ("Alles Leer") lassen die Spannungskurve nur minimal ansteigen. Das von rythmischem Klatschen und Streichern begleitete "Irgendwo Im Süden" hat vielleicht noch das größte Hit-Potential, auch wenn die Trennung von der Geliebten nicht annähernd so schmerzhaft rüberkommt, wie sie wohl sollte.

"Wunderbare Jahre" plätschert ebenso dahin wie der Protagonist, der "mit dem Kanu durch Schweden" schippert. Dem Album fehlt es an Tiefe und die Songs eignen sich höchstens als musikalische Begleitung der Vorabend-Daily-Soap. Knappe gibt platte Storys und Floskeln übertrieben pathetisch zum Besten. Erleichterung macht sich breit, wenn "Das Letzte Lied" erklingt. "Das hier ist für immer" heißt es da so schön - dabei bleibt "Die Zweite" so wenig im Kopf wie ein 200-seitiges Telefonbuch.

Trackliste

  1. 1. Neuland
  2. 2. Lauter Leben
  3. 3. Ohne Dich
  4. 4. Alles Leer
  5. 5. Irgendwo Im Süden
  6. 6. Kind Geblieben
  7. 7. Bis Meine Welt Die Augen Schließt
  8. 8. In Den Morgen
  9. 9. Wunderbare Jahre
  10. 10. Wie In Alten Zeiten
  11. 11. Nicht Für Immer (Engel)
  12. 12. Wo Fliegst Du
  13. 13. Das Letzte Lied

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LAUT.DE-PORTRÄT Alexander Knappe

Mut ist das Leitmotiv des Cottbussers, in der Musik wie auch im wahren Leben. Mut, Songs zu schreiben, die unter die Haut gehen, mit denen man mitfühlen, …

9 Kommentare mit 18 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Welches Album hat Frau Sprenger denn gehört???? MMich hat "Die Zweite" positiv überrascht. Ne echte weiterentwicklung von Knappe. Textlich, gesanglich, musikalisch. Und ich bin ehrlich, ich bin keine Fan !!

  • Vor 10 Jahren

    Bei mir läufts seit Freitag hoch und runter. Alter singt der krass gut. Die Bewertung von Laut.de klingt nach neid.

  • Vor 10 Jahren

    Ich frage mich gerade die ganze Zeit, welche Texte von Bendzko und Bourani denn wohl mehr Tiefgang haben und Spuren hinterlassen?! Es ist einfach Geschmacksache und auch der Aufbau ist doch bei jedem Künstler immer "die gleiche Schiene". Bourani erkenne ich auch nach den ersten Klängen immer wieder.

    Diese Kritik plätschert ebenso dahin wie sie die Lieder beschreibt, und wirklich aussagekräftig finde ich sie nicht.
    Übertrieben geschrieben mit vielen leeren Worten.

    Wenn man diese Kritik mehrmals liest , und das Genöle ausblendet, klingt es nach einem abwechslungsreichen Album von einem begnadetem Sänger der es schafft verschiedenste Themen in eingängige Ohrwürmer zu verpacken ;))).

  • Vor 10 Jahren

    Sehr geehrte Frau Sprenger,

    "Alles leer" wurde mit dem philharmonischen Orchester des Staatstheaters Cottbus aufgenommen und Sie nennen es eine elektronische Spielerei. Bei solchen Kommentaren bleibt mir nichts anderes übrig, als an Ihrer Qualifikation zu zweifeln.

    Darüber hinaus gebe ich dem obigen Rezensenten recht, dass die stärksten Lieder von Ihnen gar nicht thematisiert werden. Hierzu zählt auch "Bis meine Welt die Augen schließt".
    Dort beschreibt Alexander den Moment, in dem man denjenigen heiratet, den man bis zum Ende seines Lebens lieben möchte. Und derjenige den Zeilen wie "Dort oben leuchten die Sterne, doch hier unten leuchten wir. Die meisten gehen alleine, doch ich geh jetzt mit dir." der geht wahrscheinlich auch alleine.

    Ich hoffe solch ein toller Künstler lässt sich nicht durch derart inkompetente Journalisten den Mut nehmen. Man muss nicht immer pseudo-politisch sein um große Texte zu schreiben.

    • Vor 10 Jahren

      "Und derjenige den Zeilen wie 'Dort oben leuchten die Sterne, doch hier unten leuchten wir. Die meisten gehen alleine, doch ich geh jetzt mit dir.' der geht wahrscheinlich auch alleine."
      In dem Satz fehlt mindestens ein Prädikat.
      Also, ich denke dabei an "Ich geh' mit meiner Laterne", was auf mich den Eindruck erweckt, als ob da einer gerne nachts mit Lampe an um die Häuser zog. Bis dann die Frau kam. Man(n) kennt das ja ...
      Mal ehrlich - bei der Passage hab' ich an Helene Fischer gedacht und an übelst-kitschige Heimatbilder, aber das kann man doch nicht wirklich ernst nehmen ...
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      Ich meinte:

      Und derjenige den Zeilen wie "Dort oben leuchten die Sterne, doch hier unten leuchten wir. Die meisten gehen alleine, doch ich geh jetzt mit dir." kaltlassen, der geht wahrscheinlich auch alleine.

    • Vor 10 Jahren

      Rabimmel / Rabammel / Rabumm.

    • Vor 10 Jahren

      @Lauchi Venauchi:
      Ich glaube eher, wen die Zeilen kalt lassen, ist was Besseres gewohnt ... Ich kann doch nicht bei Zeilen, die an den Martinszug gemahnen, an große Gefühle denken ... da denk' ich eher an "Paul hat seiner Mami ein Gedicht geschrieben".
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      Singt er das denn auch in der "Ich geh mit meiner Laterne" Melodie oder ist seine Version eher an dem Biene Maya Fetenmix orientiert?
      Ich bin zumindest beruhigt, dass mich diese Zeile nicht kalt lässt. Mir bescheren sie vor Fremdscham regelrechte Hitzewallungen.

    • Vor 10 Jahren

      Ne Morpho, der Song ist eher ein sehr ausgeglichener Wimmerwettbewerb zwischen ihm und dem Klavier. Wie ein Naidoo, der seit 3 Stunden in einer Bärenfalle feststeckt.

    • Vor 10 Jahren

      @Tinco:
      Respekt ... Ich hatte eigentlich eher Naidoo mit seinem im Hosenlatz eingeklemmten Zion vor Augen, aber die Bärenfalle trifft's besser, stimmt.
      Gruß
      Skywise

  • Vor 10 Jahren

    Xavier Naidoo ist jetzt weiß? still boring.

  • Vor 10 Jahren

    …warum eigentlich immer diese Vergleiche mit anderen Künstlern? (und das schon in der Überschrift^^)

    ...sonst hätte ich diese Kritik am Anfang durchaus ernst genommen. Sicherlich schafft Herr Knappe es mit seinem 2. Album textlich nicht an Künstler wie Poisel und Grönemeyer heranzukommen (wenn wir schon bei den Vergleichen sind), aber spätestens als die Namen Bendzko und Bourani fallen, wird aus dem Review von Frau Sprenger eine nicht ernstzunehmende Geschmacksache, die sich mit dem Künstler und seinen Liedern genauso auseinandersetzt, wie sie ihm das vorwirft, nämlich oberflächlich!
    Dann soll sich doch bitte jeder sein eigenes Bild machen. Als professionelle Hilfe beim Kaufen oder Nicht-Kaufen taugt diese sehr subjektive Kritik jedenfalls nicht!!!

    • Vor 10 Jahren

      …das noch: ich empfehle der Autorin Frau Sprenger, einmal ein live Konzert von Herrn Knappe zu besuchen. Spätestens da wird auch sie seine Texte verstehen und begreifen, dass es mehr als oberflächliche Floskeln sind, die er von sich gibt. Was nützen tiefsinnige Texte, wenn der Künstler auf der Bühne nicht fühlt, was er da singt ^^

    • Vor 10 Jahren

      Ist die Frau Sprenger der deutschen Sprache nicht mächtig? Was wäre denn, wenn sie oben genanntes Konzert besuchen würde und sich in ihrer Meinung über das Album nur bestärkt findet? Nur weil man Fan einer Band ist, sind noch lange nicht alle Alben gleich gut geschweige denn überhaupt gut. Ich kenne die Musik des Herrn Knappe nicht und bilde mir deswegen darüber auch kein Urteil. Sie ist mir schlichtweg egal.

    • Vor 10 Jahren

      @maxleenken:
      Wie sähe denn eine "professionelle Hilfe" beim Kaufen oder Nicht-Kaufen in Deiner Version genau aus? Wenn mir ein Verkäufer deutlich sagt "Das Produkt können Sie den Hasen geben", dann ist mir das um einiges lieber als wenn er verbal politisch korrekt im großen Streichelzoo der flauschigen Eventualitäten seine Glaubwürdigkeit zu Tode kuschelt. Und wenn ich mir danach immer noch nicht sicher bin, ob das Produkt für meine Hasen geeignet ist, hole ich eine zweite oder gegebenenfalls dritte Meinung ein, ehe ich zuschlage oder es bleiben lasse. Das da oben ist ein subjektiver Eindruck, und genau das ist es, was ich von einer Rezension erwarte, zumal Kunst nur auf dieser Ebene funktioniert und mich objektive Inhaltsangaben oder technische Daten bei diesem Produkt nicht sonderlich interessieren. Ob mir die Meinung gefällt oder nicht bzw. ob ich sie später nach eigenem Konsum unterschreiben würde oder nicht, ist 'ne völlig andere Angelegenheit.
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      @Skywise:
      ….eine konstruktive Kritik (und somit eine gute Kauf-Hilfe) sollte meiner Meinung nach den Künstler & sein Werk erstmal subjektiv beschreiben und nicht gleich 'nörgelnder Weise loslegen'.
      Wenn der Kritiker dazu nicht in der Lage ist, greift er meistens zu Vergleichen, und selbst das geht meiner Meinung nach in diesem Falle gründlich 'in die Hose'.
      Hier wird der Vergleich mit anderen deutschen Künstlern gezogen, die gerade erfolgreicher im Musikbusiness unterwegs sind als Herr Knappe. Das ärgerliche daran ist aber, dass Frau Sprenger die Qualität der Musik/Texte dafür verantwortlich macht und nicht die Größe und Macht der dazugehörigen Plattenfirmen erwähnt, die dahinterstecken. (Bendzko: Sony- Music; Bourani: Universal).
      Mit der Tiefgründig- bzw. Oberflächlichkeit der Texte hat der unterschiedliche Erfolg der drei angesprochenen Sänger sicherlich nicht viel zu tun! (Dies ist meine Meinung, ich schreibe aber auch keine Empfehlungen hier im Netz).
      Natürlich gehört abschließend auch eine ganz subjektive Bewertung des Kritikers zu einer Rezension, die aber auch als solche deutlich gemacht werden sollte!
      Hiermit verabschiede ich mich von der Plattform laut.de, widme mich wichtigeren Dingen und sag s mal mit dem 'tiefsinnigeren' Bendzko:
      'Das geht mir unter die Haut wie ein lauer Sommerwind' …viele Grüße, auch an Ihren Hasen ;))
      maxleenken

    • Vor 10 Jahren

      objektiv beschreiben ^^…aber jetzt bin ich wirklich weg !

    • Vor 10 Jahren

      @maxleenken:
      Knappe: Ferryhouse, Warner Music Group.
      Ich sehe im Augenblick nicht Deinen Punkt mit der Größe und Macht der dazugehörigen Plattenfirma.

      Wenn Du etwas subjektiv beschreibst, das Dir nicht gefällt - verzichtest Du dann zu Beginn auf Nörgeleien? Alles, was in einer Rezension über eine plumpe Inhaltsangabe (14 Titel auf 60 Minuten o. ä.) oder Zitate von Pressetexten o. ä. hinausgeht, ist automatisch subjektiv, darauf muß man in einer Rezension nicht gesondert hinweisen. Du scheinst irgendwas zu fordern, das per definitionem nicht funktionieren kann.
      Und scheiß auf den tiefsinnigeren Bendzko.
      Gruß
      Skywise

    • Vor 10 Jahren

      @Skywise:
      1. Warner, Universal und Sony music sind 'Major Labels'. Bei der 'Knappe Plattenfirma' Ferryhouse handelt es sich meines Wissens lediglich um eine Tochtergesellschaft von Warner und sie ist somit ein 'sublabel'. Das macht meiner Meinung schon einen Unterschied aus.
      2. hatte ich mich eine Sekunde nach Abschicken meines Textes verbessert und aus dem 'subjektiv beschreiben' ein gemeintes 'objektiv beschreiben' gemacht. (es war aber klar, dass das gepflegt überlesen wurde). Vielleicht hätte ich eher das Wort 'sachlich' verwenden sollen, so wie es die Definition von 'Rezension' beschreibt. (Ein kleiner Auszug: 'Ein erster Punkt, um eine gute Rezension schreiben und verfassen zu können ist es, dem Leser sachlich zu vermitteln sowie zu begründen, was dem Rezensenten an dem Werk gefällt. Ein anderer Punkt ist es in dem Schreiben zu erläutern was weniger überzeugt hat.'; Quelle: www.rezension.net) Es steht jedenfalls nichts von unsachlichem 'Nörgeln' und vor allem nichts von Vergleichen in der Definition. (So wie es Frau Sprenger gleich in der Überschrift macht!!!)
      3. scheiß ich schon lange auf die Texte von Bendzko und 4. hoffe ich mal, Ihr Hase muss nicht so lange über die Qualität seines Futters mit Ihnen diskutieren ;))
      Gruß, Leenken

    • Vor 10 Jahren

      @maxleenken:
      1. Da Herr Bourani nicht bei Universal unter Vertrag steht, sondern beim "Sublabel" Vertigo und Herr Bendzko nicht bei Sony Music, sondern beim Sublabel Columbia, macht das meiner Meinung nach keinen Unterschied aus.
      2. Es wurde nicht überlesen, die Antwort stand noch nicht, als ich meine Antwort formulierte. Ich wüßte nicht, daß es allgemeingültige Regeln für Rezensionen gäbe, zumal es naturgemäß unterschiedliche Rezensenten gibt, verschiedene Formen der Veröffentlichung und natürlich diverse Absichten, die mit einer Rezension verbunden sind.
      Der Allgemeinplatz, der unter www.rezension.net verbreitet wird, ist zwar eine recht schöne Theorie und garantiert kein schlechter Ausgangspunkt, wenn man sich ein wenig mit dem Verfassen von Rezensionen beschäftigen möchte, allerdings hat diese Theorie relativ wenig mit der Praxis gemein. Das kann man gerne bedauern oder kritisieren, allerdings wird man dadurch kaum etwas daran ändern.
      Eine "objektive" Rezension nennt man schlicht "Inhaltsangabe".
      4. Ich beherrsche mein 8,5-Finger-System und schaffe meine 500 Anschläge pro Minute, wenn ich's drauf anlege - für solche Diskussionen geht daher vergleichsweise wenig Zeit drauf.
      Gruß
      Skywise