laut.de-Kritik

Trotz Lolita-Blick ist vor allem Sängerin Vivian viel zu zahm.

Review von

Die Werbemaschinerie läuft, das lässt sich wohl kaum abstreiten. Seit Tagen muss ich mir auf MySpace schon die fiesen Scheitel der Aloha From Hell-Jungs und den Lolita-Blick ihres Sanges-Mädels anschauen. Selbst im Burger King stolpert man in der hauseigenen Lektüre über die Band, und dass die BRAVO gar nicht genug über die Aschaffenburger berichten kann, versteht sich ja von selbst.

Müssen wir deswegen ebenfalls drauf einsteigen und Aloha From Hell eine Plattform bieten? Offensichtlich ja und offensichtlich muss auch noch der Metal-Papst dafür herhalten. Warum? Das frag ich mich auch noch, aber schließlich landete die letzte Die Happy ja auch bei mir. Und so ziemlich exakt deren Publikum und Fans dürften sich von Aloha From Hell angesprochen fühlen. Wenn auch mit Einschränkungen, denn Aloha From Hell legen zwar großen Wert auf den Band-Charakter, aber das war bei No Doubt anfangs auch mal der Fall.

Ohne hier Orakel spielen zu wollen, aber so glatt und faltenfrei wie "No More Days To Waste" produziert ist und so sanft und sauber, wie die Songs ins Ohr flutschen, erinnert das nicht selten an Gwen Stefani und andere Damen, die gerne groß rocken möchten. Hört nur mal in bis zum Platzen überproduzierte Sachen wie "Can You Hear Me Boys" oder "Hello, Hello" rein. Der Name Pink könnte vielleicht auch noch fallen, aber dazu sind die Aschaffenburger und vor allem ihre Sängerin Vivian (noch?) deutlich zu zahm.

Also doch nur Tokio Hotel mit weiblichem Gesang? Warum auch nicht? Neben den ganzen Möchtegern-Stars der privaten Fernsehsender kann es nichts schaden, mal eine Band ins Rennen zu schicken, die zumindest Wurzeln hat und mit etwas Glück noch wachsen kann. Allerdings gehören dazu auch ein paar Ecken und Kanten und nicht nur das typische, gerade hippe Emo-Styling, das die Jungs und das Mädel hier zur Schau stellen.

Ob die Backgroundstory von Aloha From Hell ähnlich frei erfunden ist wie die von Tokio Hotel, ist mir nicht bekannt und eigentlich auch unerheblich. Ich wage es aber einfach mal zu bezweifeln, dass die vier Teenager und der eine Twen perfekt auf den Markt gestrickte Songs wie die beiden Singles "Don't Gimme That" oder "Walk Away" selber geschrieben haben. Vor allem die typische Ballade mit Klavier, Streichern und ein wenig seltsamen Elektro-Geblubber ist astreine Massenware, wie sie in jedem, größeren Studio in Serie produziert wird.

Mit 15 Jahren weniger auf dem Buckel und einem entsprechend überschaubaren musikalischem Hintergrund mag man das alles vermutlich ganz anders sehen. Dann fühlt man sich von der Anti-Ich-Schnitz-An-Mir-Selber-Rum-Hymne "Don't Hurt Yourself" bestimmt auch verstanden. Mit einer gewissen Erfahrung bleibt aber festzuhalten, dass mit "Fear Of Tomorrow" eine ganz ordentliche Nummer auf dem Album steht und der beste Track namens "How Come You're The One" fast schon als Rocksong durchgeht.

Das die normale CD-Version abschließende Cyndi Lauper-Cover von "Girls Just Wanna Have Fun" kann man ebenfalls durchgehen lassen, auch wenn das schon wieder ein wenig nach gezielter Strategie riecht ...

Trackliste

  1. 1. No More Days To Waste
  2. 2. Can You Hear Me Boys
  3. 3. Don't Gimme That
  4. 4. Fear Of Tomorrow
  5. 5. Walk Away
  6. 6. Don't Hurt Yourself
  7. 7. Wake Me Up
  8. 8. Hello, Hello
  9. 9. How Come You Are The One
  10. 10. Girls Just Wanna Have Fun

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