laut.de-Kritik
Die Schneeflocken rieseln, doch die Lawine bleibt aus.
Review von Kim LangeSchnee ist mal das Letzte, was man mit dem australischen Musikerduo Angus & Julia Stone in Verbindung bringen würde, klingen ihre Songs doch normalerweise eher nach Roadtrips und schwülen Sommernächten am Lagerfeuer. Auf der neuesten Platte des Erfolgsduos manifestiert sich der Schnee eher in einer anderen Form – und nein, wir reden nicht von kokaingeschwängerten Texten. "Snow" ist für die Erinnerung ein bisschen wie schmelzender Schnee - er bleibt nicht allzu lange.
"Wir haben mit der Platte angefangen, als wir von einem Trip in der Schweiz zurückgekommen sind. Wir haben da ein paar Leute getroffen und die nahmen uns mit zu einer Berghütte. Dort sah alles so aus, als würden überall kleine Diamanten in der Sonne glitzern", so Julia. "Ich glaube, das war der Ausgangspunkt der Arbeit an dieser Platte", liefert Angus die eigentliche Erklärung für die Titelfindung der vierten Platte. Die drei vorangegangenen Werke sorgten weltweit für großen Erfolg und mehrfache Platin-Auszeichnungen, vor allem der selbstbetitelte Vorgänger. Damals schufen die Geschwister mithilfe von Produzentenguru Rick Rubin ein kleines Meisterwerk, das sogar erstmals in den deutschen Album-Top-10 landete.
Ganze drei Jahre ließen sie sich daraufhin Zeit für das neue Material. "Magisch" nennt Julia die Zeit im australischen Hinterland Belafonté, wo man anscheinend in Angus' Landhaus-Studio wunderbar Songs produzieren konnte. "Normalerweise ist mindestens noch ein Tourmanager oder ein Engineer dabei, aber in der letzten Schreibphase und während der Aufnahmen waren es acht volle Wochen lang nur er und ich und die Ruhe auf dem Land", erzählt Julia.
Für den Einstieg ist "Snow" ein ganz lieblicher Song, bei dem nicht zuletzt die Call-and-Response-Technik der Geschwister zum Einsatz kommt - auch wenn man bei den vielen "Lalalalalas" kurz mal an ein Schlaflied denkt. Dabei hat die Platte doch erst begonnen! "Oakwood" macht düster-traurig weiter, bevor "Chateau" den vorläufigen Höhepunkt darstellt. Einerseits eine Reminiszenz an das berühmte Chateau Marmont-Hotel in L.A., andererseits eine treibende Nummer, die Unbeschwertheit hervorruft: "I don't mind if you wanna go anywhere / I'll take you there." Alles ist möglich! Dementsprechend kitschig-schön geriet auch das dazugehörige Musikvideo.
Das war es dann aber auch mit den glitzernden Flocken im Schnee. "Cellar Door", ein Song über die Beerdigung des gemeinsamen Großvaters, weist noch recht melodische Züge auf, diese sind allerdings bei "Make It Out Alive" komplett verschwunden. Und auch "Who Do You Think You Are" beginnt zwar locker treibend, auf den Höhepunkt oder einen Ausbruch wartet man allerdings vergeblich. Diesem Schema folgen auch die restlichen Songs: Auf einen angenehmen Start folgt genau: nichts. Keine Überraschungen, keine Höhen und Tiefen, nichts Besonderes. "My House Your House", klingt uninspiriert und "Sylvester Stallone" als Schlusslicht animiert wirklich zum Einschlafen.
Einen kurzen Lichtblick bietet noch das traurig-schöne "Nothing Else", das uns daran erinnert, dass Angus und Julia Stone ja eigentlich schon für schönen Singer/Songwriter-Folk stehen. Leider kommt auch diese Nummer nicht ganz an frühe Perlen wie "Paper Aeroplane" ran.
Beim Schreibprozess sei Angus häufiger für den Refrain, Julia eher für die Story in der Strophe zuständig gewesen, heißt es. "In gewisser Weise sind es die Unterschiede, die das Album am Ende so klingen lassen, wie es klingt", beschreibt es Julia. Das mag alles stimmen, nur rieseln die Songs eher wie Schneeflocken am Fenster vorbei, die zu erwartende Lawine bleibt jedoch aus. "Snow" ist somit nur die perfekte Hintergrundmusik für einen Winterabend am Kamin.
3 Kommentare
Zumindest nicht mehr Rick Rubin produziert, mal reinhören ist es wert
..reinhören lohnt auf jeden Fall, es sind wunderbare Songs drauf.. (vorläufig) 4/5
..wirklich empfehlenswert.... ! 4/5