laut.de-Kritik
Leichtfüßiger Pop, der von tragischen Schicksalen erzählt.
Review von Toni HennigDer kalifornische Sänger, Musiker und Songwriter Ariel Rosenberg, bekannt unter dem Pseudonym Ariel Pink, gilt als einer der letzten großen Pop-Exzentriker. Erst vor Kurzem ließ sich der 39-Jährige nach fünfzehn Jahren Ehe scheiden. Dabei konnte er sich lange Zeit nicht mehr daran erinnern, dass er überhaupt noch verheiratet war. Auf ein anderes Schicksal verweist dagegen "Dedicated To Bobby Jameson", das insgesamt elfte Soloalbum des Lo-Fi-Pioniers.
Schon der wavige Opener "Time To Meet Your God" bezieht sich nicht nur indirekt darauf, dass die Karriere von Bobby Jameson ein tragisches Ende genommen hat. Der Musiker aus Los Angeles starb 2015 unter ärmlichen Verhältnissen. Der Singer/Songwriter brachte in den 60ern drei erfolglose Scheiben heraus. Nach Urheberrechtsstreitigkeiten mit seinen damaligen Plattenfirmen und Suchtproblemen zog er sich komplett aus der Musikbranche zurück.
Die Alben von Bobby Jameson hat man später erfolgreich wiederveröffentlicht, ohne dass man den Musiker finanziell daran beteiligt hätte. Daher wandte er sich 2007 mit einem Buch, einem eigenen Blog und mehreren YouTube-Videos an die Öffentlichkeit und schilderte autobiographisch seine Lebensgeschichte. Diese Ungerechtigkeit ging auch an Ariel Pink nicht spurlos vorbei. Textlich nimmt diese Platte an einigen Stellen Bezug auf diese Tragödie.
"Another Weekend" erzählt von den vielen sinnlosen Wochenenden, die Bobby Jameson erlebt hat. Dazu hört man eine schwelgerische Folk-Melodie und psychedelische 60er-Jahre-Sounds. Schwermütige Poesie und leichtfüßiger Pop schließen sich auf dieser Scheibe keineswegs aus. Seine gute Laune lässt sich Ariel, obwohl sich das Album oftmals mit menschlichen Dramen befasst, somit nicht verderben.
Bei "Feels Like Heaven" kommt als sehnsüchtiges Liebeslied mit männlich-weiblichen Vocals und im luftigen Synthie-Pop-Gewand daher. "Kitchen Witch" greift ebenfalls auf dieses Prinzip zurück. Der Frauengesang klingt jedoch um einiges unterkühlter und unnahbarer. Trotzdem besitzt der Refrain mit seinen melancholischen Piano-Akzenten durchaus etwas Schwärmerisches. In der Plattenladen-Abteilung findet man diese Klänge wahrscheinlich irgendwo zwischen Bronski Beat, Tears For Fears und Ultravox, was immer noch für die Geschmackssicherheit des Kaliforniers spricht.
Letztendlich kann man sich vor musikhistorischen Referenzen auf dieser Scheibe kaum retten. Das macht diese Platte zu einer wahren Fundgrube für Kenner. Für die noisigen Gitarrensounds in "Time To Die" standen offenbar Suicide Pate. "Death Patrol" lässt mit seinen Disco-Streichern und der Funk-Gitarre an eine verschollene Aufnahme von Carl Douglas denken. Mehr naive Unbeschwertheit wie "Bubblegum Dreams" versprühen nicht mal die Nuggets-Compilations der frühen 70er.
Im Endeffekt unterscheidet sich "Dedicated To Bobby Jameson" von den restlichen zehn Studioalben Ariel Pinks nicht grundlegend. Der Musiker hält nach wie vor an seiner gewohnten Mischung aus Indie, Psychedelik und New Wave fest. Lyrisch wendet er sich feinfühlig den Verlierern in unserer Gesellschaft zu. Weiterhin fällt diese Platte deutlich zugänglicher und kompakter aus als der überladene Vorgänger "Pom Pom" (2014). Zumindestens aus musikalischer Sicht braucht man sich um den durchgeknallten Kalifornier keine ernsthaften Sorgen zu machen.
4 Kommentare mit einer Antwort
toni, "im endeffekt"
Es ist zwar eine leere Worthülse, aber es ist ein gross zu schreibendes Substantiv.
Liebe das Album!
ariel pink ist so vielseitig in seinem ausdruck. als ich erstmals "feels kile heaven" hörte, dachte ich, es seien de psychedelic furs. das hat doch sicherlich nicht zufällig so angelegt.
Nein.