laut.de-Kritik
"The Best Of Simon & Garfunkel", nur ohne Simon.
Review von Giuliano BenassiArt Garfunkel war immer der Zweite im Duo Simon & Garfunkel. Schrieb kein einziges Lied, spielte kein Instrument, neigte zu schmalzigen Inhalten und Interpretationen. Dass ihm seit den 70er Jahren trotzdem eine erfolgreiche Solokarriere beschert ist, liegt an seinem verschmitzten Lächeln und seiner hohen und ausdrucksvollen Stimme, sowie an seiner schauspielerischen Tätigkeit - wohl das einzige Gebiet, in dem er erfolgreicher als Paul Simon gewesen ist.
Mit "Across America" liegt nun eine neue Aufnahme von ihm vor. Die Gestaltung des Covers erinnert an die eines schlechten Bootlegs und legt ebenso Skepsis nahe wie die Auswahl des Materials, eine x-te Ausschlachtung des Liedguts von Simon & Garfunkels. Nimmt man den Untertitel "The Very Best Of Art Garfunkel" noch dazu, sinkt der erste Eindruck eindeutig ins Negative.
Das Wichtigste wird jedoch verschwiegen: es handelt sich um eine Liveaufnahme aus dem Jahre 1996. "After changes upon changes we are more or less the same" sang er mit Simon beim Reunion-Konzert im Central Park 1981, eine Feststellung, die auch hier zutrifft: immer noch Wuschelkopf, weißes Hemd, Blue Jeans und schwarze Weste, nach wie vor "A Heart In New York," "Bright Eyes" und, vor allem, "Bridge Over Troubled Water" mit den unvermeidlichen Standing Ovations.
Musikalisch ist nicht viel zu berichten: "The Best Of Simon & Garfunkel," eben, nur ohne Simon. Die Arrangements unterscheiden sich kaum von den Originalen, und wenn sie es tun, dann sind sie eine Spur schmalziger, so in "El Condor Pasa" oder "The Sounds Of Silence". Ganz düster wird es in "The 59th Street Bridge Song," im Duett mit dem piepsstimmigen, wenige Jahre alten Sohnemann.
Trotz des verheerenden Schnitts - Anfang und Ende der Lieder ausgeblendet, zusätzlich stellenweise miserabel zusammengesetzt - ist die Faszination der Stimme immer noch intakt. Gealtert, aber nach wie vor Gänsehaut erzeugend. Man hat zwar alles schon mehr als oft gehört, dennoch ist es immer wieder schön, bei "Homeward Bound" oder "April Come She Will" mitzusummen. Auch Carole Kings "Crying In The Rain" im Duett mit James Taylor und das beatlesche "I Will" hören sich ganz nett an. Eine Alternative zu den Originalen sind diese Aufnahmen zweifellos nicht, dennoch haftet ihnen trotz aller Mängel etwas nostalgisch Schönes an.
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