laut.de-Kritik
Stimmige Gratwanderung zwischen Rap und Gesang.
Review von Dani FrommIhre Bewerbungsunterlagen für den Posten als eine der interessanteren Newcomerinnen hat Babyjoy bereits im vergangenen Jahr eingereicht, in Form ihrer EP "Troubadour". Eigentlich, dachte man da, müsse dem doch jetzt ein Album folgen.
Pustekuchen: Es gibt wieder nur eine EP, einen weiteren Appetizer. Warum eigentlich? Mangelt es an Textideen? An abwechslungsreicheren Beats? Da Babyjoy zusammen mit ihrem Produzenten KazOnDaBeat gerade einmal fünf Tracks auffährt, lässt sich noch nicht einmal wirklich feststellen, worin genau das Problem besteht.
"Ophelia" gerät stellenweise schon ein wenig repetitiv, ja, aber das könnte durchaus beabsichtigt sein. In seiner Gesamtheit wirkt das Mini-Werk so eben auch stimmig, wie aus einem Guss ... und es ergibt ja auch Sinn: Wenn Babyjoy den Ringelreihen besingt, den die zwei, drei, vier, fünf oder noch mehr "Sorgen Im Kopf" tanzen, dann müssen sich die Dinge ja zwangsläufig im Kreis drehen, wenn sie das rotierende Gedankenkarussell abbilden sollen.
Der minimalistisch auf Akustikgitarre bauende Opener weckt im ersten Moment zwar den Eindruck, man habe es halt mit einem netten Liedchen zu tun, mit nichts weiter besonderem. Wie sich diese schlichte Konstruktion jedoch in die Hirnwindungen tickert, überrascht aber so sehr, dass man die um des Reimes Willen zurechtgeprügelte Satzstellung beinahe übergehen möchte: "Wenn du nicht mehr weiter weißt, weiß ich plötzlich nichts mehr - auch"? Okay, nur fast: Das holpert schon arg.
Abgesehen davon kann man Babyjoy aber kaum einen Vorwurf machen: Sie präsentiert sich als versierte Sängerin, hat aber auch unterschiedliche Rapflows in petto. Klingt sie in "Wenn Du Weinst" noch recht lakonisch, tönt ihre Stimme im nachfolgenden Titeltrack schon fast verblüffend harsch. Zu dem angeknacksten Herz, das aus ihren Zeilen spricht, passt das wesentlich besser als die süßlich-glatte Vokalakrobatik, in der sich manch andere R'n'B-Sänger*innen versteigen.
Mit Exaltiertheiten anzugeben, hat Babyjoy wohl einfach nicht nötig. Ihre stimmliche Gratwanderung zwischen Rap und Gesang überzeugt auch ohne ausgedehnte Vokalknödelei, die hysterisch "Seht her! Ich kann singen!" plärrt. Wahrscheinlich sogar noch nachhaltiger.
Daran, dass Babyjoy ihr Handwerk versteht, zweifelt am Ende von "Ophelia" jedenfalls niemand mehr, genauso wenig an ihrer Sprachbegabung: Die Berlinerin klingt auf Deutsch so gut wie auf Englisch oder, ob zeilenweise oder, wie im wattig-verträumten "Sourire À L'Envers", komplett auf Französisch.
Ob sie inhaltlich genug zu bieten hat, um über längere Distanzen bei der Stange zu halten, ob sie mehr als diese eine melancholische Sonntagnachmittags-Stimmung heraufbeschwören kann, ob Kaz noch eine zweite Sorte Atmosphäre im Repertoire oder, falls nicht, Babyjoy noch andere Produzent*innen an der Hand hat, um diesbezüglich etwas Abwechslung aufzufahren oder weitere Featuregäste außer BHZs Monk in "Keine Zeit": All das verrät das zwangsläufig ja beschränkte EP-Format natürlich nicht. Also, letzte Frage, UAWG: Wann kommt noch gleich dieses Debüt-Album?
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