laut.de-Kritik

Es ist gar nicht so leicht, Blackpink zu sein.

Review von

Urgh. Ich wollte wirklich keiner von denen sein. Wirklich nicht. Babymonster sollen die größten Fußstapfen der K-Pop-Geschichte ausfüllen, und in manchen Ecken der Community laben sich die Leute mit verdächtig viel Freude daran, dass es nicht so recht klappt. Kaum eine Gruppe hatte so viel Backlash - und Babymonster hatte ihn schon, bevor sie überhaupt wirklich existierten. Aber es hilft alles nichts: Es ist keine Gehässigkeit festzustellen, dass dieses Debüt ist ein ziemlicher Schuss in den Ofen ist. Es ist nicht allein die Tatsache, dass sich niemand auf ihrem Label auch nur den Hauch eines neuen Konzeptes ausgedacht hätte. Ihr Konzept ist nicht nur "auch Blackpink". Es ist ein schlechteres Blackpink.

Zum Kontext: Babymonster ist Blackpinks jüngere Schwestern-Gruppe unter YG Entertainment. Nachdem erstere den Großteil ihres Runs nun wohl hinter sich haben, die Möglichkeit von weiterer Musik als Gruppe zwar nicht ausschließen, aber sich erstmal solo auf kleinere Labels verteilt haben, braucht das Label eine neue Cashcow. Babymonster stand als Konzept schon länger im Raum, allerdings deutete sich der Rollout von Anfang an seltsam an. Die Teaser sahen untypisch billig aus, die Mädchen waren teilweise blutjung, und auch kreativ schien da nicht viel zu gehen. Mit einem halbgaren "hmm ja okay wenn's sein muss dann machen wir halt mit denen weiter" wurden diese sieben Teenagerinnen jetzt in den Ring geworfen, um auch Blackpink zu sein. Verdammt, sogar der Name benutzt die gleiche Formel!

"Babymons7er" zeigt, dass es gar nicht so leicht ist, Blackpink zu sein. Lead-Single "Batter Up" zeigt eine Gruppe definitiv talentierter Idols, die wissen, was von ihnen musikalisch erwartet wird. Und das Handwerk sitzt. Die Songstruktur sitzt, der Hip Hop-Beat, der melodramatische Pre-Chorus, das EDM-Finale. Es ist mitnichten ein furchtbarer Song, man kann ihn sich geben; und es ist trotzdem kein bisschen das Gleiche. Babymonster fühlen sich wie eine Coverband an. Aber Blackpink hatten Persönlichkeit ohne Ende. Sie gehören zu den wenigen Gruppen, die man dem letzten Alman zeigen könnte, und nach drei oder vier Songs hätte er sich alle Gesichter und Namen gemerkt.

Und dabei war ihr Sound im Kontext der K-Pop-Welt trotz des meteorischen Erfolgs durchaus polarisierend. Ganz zum Leidwesen von Babymonster gab es zwischen 2018 und 2021 sicherlich zehn Dutzend Gruppen, die zwischen leichter Inspiration und schamlosem Ripoff von der Blackpink-Formel gezehrt haben. Sowohl diese Formel, der Sound generell und sogar die ganze Attitüde haben sich zu Klischees entwickelt. Nicht zuletzt auch dank der OGs selbst, die bis zuletzt nie Notwendigkeit empfanden, diese Formel zu variieren.

Diese Debüt-EP soll nun an besagte OGs anknüpfen, hat aber weder die Erfahrung noch den Star-Faktor. Es fühlt sich ergo ein bisschen an wie eins von Dutzenden Debüts der letzten fünf Jahre von ABCDEFG-Entertainment mit irgendetwas zwischen 100.000 und 10 Millionen Klicks. Einen Eindruck, den auch Titeltrack "Sheesh" nicht verbessert. Hört man sich den an, erklärt sich auch weiter, warum man beim Rezensieren dieser Platte kaum umher kommt, tausend Vergleiche zur Schwestergruppe anzustellen. Es ist einfach genau das gleiche. Und auch "Sheesh" ist einer von diesen dreisten Tracks, bei denen man sich hinter nichts verstecken kann, nicht hinter dem Beat, nicht hinter den Vocals, bestimmt nicht hinter der schrillen Hook. Entweder, man hat den Swagger, diesen Track zu bringen, oder man schwimmt. Babymonster kommen respektabel nah daran, nicht zu schwimmen. Aber es ist zu wenig.

Varianz kommt dann über zwei Balladen: "Stuck In The Middle" und sein überraschend solider Remix machen wahrscheinlich noch die Glanzstunde von "Babymons7er", was leider nicht viel heißen muss. Es zeigt Talent in den Vocals, aber das Talent an Babymonster war ja nie das Problem: Die können singen, die können rappen, die können tanzen. Würde niemand in Frage stellen. Das Problem liegt im Konzeptuellen: Wo ist der Schockfaktor? Wo ist das Aufwühlende? Wo ist die Energie? Wer so schwere Erwartungen erfüllen soll, kann doch seinen ersten Eindruck nicht an derartigen "ich habe gerade eine Castingshow gewonnen"-Pop verschwenden?

Leider ist die andere Nummer "Dream" hier nur eine noch deutlich langweiligere Version von "Stuck In The Middle". Der kann man gar nichts attestieren, außer, dass sie mit dem unglaublich gruseligen Video vorab schon einmal parasoziales Interesse in die Gruppe ködern sollte. Das ist irgendwie ekelig und musikalisch mehr als nichtssagend. Und damit hat man leider das Debüt dieser Gruppe schon recht gut umrissen.

Urgs. Ich hätte dem Team tatsächlich so viel mehr zugetraut? YG steht schon länger in der Kritik, aber was sie mit Blackpink gemacht haben, hat mir bis zum Schluss gefallen. Es war weit davon entfernt, hochintelligenter Pop zu sein, aber wen juckt das schon. Also dachte ich entweder, dass die bestimmt einen coolen Twist auf diesen Formel im Gepäck haben - und wenn nicht, dann gibt es immerhin einen über alle Zweifel erhabenen Banger. Ich persönlich könnte Blackpink-Formel-Banger mit Beats von Producer Teddy ja wahrscheinlich bis an mein Lebensende hören. Aber es scheint sich zu bewahrheiten, dass der kreative Juice bei YG Entertainment komplett ausgegangen ist, keiner mehr die Fahne hält und es auch keinen mehr so richtig juckt.

Deswegen tut es mir um den Backlash so leid: Es auf das Label zu schieben, passiert im K-Pop oft genug und ist meistens dämlich. Aber selten fühlte es sich so akut an, dass hier wirklich das Konzept-Team die Wurzel des Übels ist. "Babymons7er" ist mindestens fantasielos und grenzt stellenweise schon an die schiere Inkompetenz. Die Idols können noch so gut sein, mit diesem Material lässt sich einfach kaum arbeiten. Das lässt bei einem der großen K-Pop-Häuser tief blicken, vor allem bei einem so wichtigen Debüt. Ziemlich sicher, jedes andere Label hätte aus diesen sieben Idols etwas wesentlich Interessanteres gemacht.

Trackliste

  1. 1. Monsters (Intro)
  2. 2. Sheesh
  3. 3. Like That
  4. 4. Stuck In The Middle
  5. 5. Batter Up
  6. 6. Dream
  7. 7. Stuck In The Middle (Remix)

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2 Kommentare

  • Vor 7 Monaten

    Solides Debüt, 3 Sterne von mir. Ja, es klingt sehr nach Blackpink, aber was wäre die andere Alternative? Hätten sie den NewJeans Sound kopiert, hätte man ihnen auch das vorgeworfen, was sie jetzt praktischer jeder neuen Band vorwerfen, siehe Illit etc. Es ist dieser typischer YG-Sound, denn man halt mag oder nicht. Die Mädels sind talentiert und ich hoffe dass sie mehr in Richtung von "Like That" gehen.

  • Vor 5 Monaten

    Würde die Review überhaupt nicht unterschreiben. Die Ähnlichkeit zu "Blackpink" empfand ich beim Hören eher als positiv und nicht zu extrem. "Batter Up" und "SHEESH" sind gute Songs, die Spaß machen. Mehr will ich nicht und mehr hab ich nicht erwartet. Ich mag das Debüt.