laut.de-Kritik
Eigenwillige Mischung aus Folk, Renaissance-Klängen und Rock.
Review von Alexander CordasCandice Night und Ritchie Blackmore setzen zum vierten Mal an, ihre eigenwillige Mischung aus Folk, Renaissance-Klängen und Rock in Studioversion unters Publikum zu bringen. Von einem belächelten Projekt hat sich Blackmore's Night mittlerweile zu einer festen Größe entwickelt, die eine treue und erkleckliche Fanschar um sich sammeln kann. So bedarf es keiner Prophetie, auch "Ghost Of A Rose" den Sprung in die Top 20 vorherzusagen.
Kontinuität ist eine feste Größe im Blackmore's Night-Kontext. Bei der Musik mag dies positiv erscheinen, bei der Covergestaltung legen die beiden jedoch ein erschreckendes Maß an Gleichgültigkeit an den Tag. Wie bereits bei den vorangegangenen Platten besticht auch das aktuelle Artwork durch einen Kunst LK-Dilettantismus, der schwer zu verstehen ist. Aber jedem das seine und ihnen das ihre, denn wichtig ist vor allem die Musik, die da aus den Boxen tönt.
Und die hat es wieder einmal in sich. Blackmore breitet seiner Candice einen musikalischen Samtteppich aus, auf dem sich vokal gut lustwandeln lässt. "Way To Mandalay" beginnt mit einem düster-mystischen Intro und etwas kitschigen Keyboard-Klängen, steigert sich langsam aber sicher zu einem netten Rocksong. Ritchie darf auch gleich die E-Gitarre auspacken. Erst dezent im Hintergrund, im Schlussteil etwas ausgiebiger. Das wird auch diejenigen erfreuen, die sich etwas mehr Akzentuierung des ex-Purple-Klampfers wünschen. Etwas ruhiger trötet "3 Black Crows" um die Ecke. Textlich befasst es sich mit drei Krähen (wer hätte es gedacht!), die auf einem Zaun sitzen und über die Menschheit und ihre seltsamen Eigenheiten lachen.
Mit der Coverversion von "Diamonds And Rust" - im Original von Joan Baez - ertönt eine von drei Fremdkompositionen. Und tatsächlich schafft es Candice, aus diesem sowieso schon hervorragenden Song noch etwas Eigenes rauszukitzeln. Im Gegensatz zur Baez-Version verzichten Blackmore und Night jedoch auf Schlagzeug, statt dessen begleiten nur sachte Beats das Lied. Die getragene Stimmung ist jedoch fast dieselbe wie bei der amerikanischen Folk-Legende.
Alles andere als getragen hoppelt "Cartouche" nach vorne, eine typische Uptempo-Nummer mit Violinen-Begleitung, mit dem auch Irish Folk-Freaks etwas anfangen können. In diesem Stil fiedelt auch der zweite Part von "Queen For A Day" ums Lagerfeuer, während im ersten Teil ein armes Bauernmädel davon träumt, einmal Königin zu sein. Die Düsternis des Intros kehrt bei "Ivory Tower" wieder. Sanfte Paukeneinsätze verstärken die Dramaturgie des Songs, bei dem Ritchie perfekt die Akustische zupft.
Im Vergleich zum Titeltrack verblasst jedoch alles. "Ghost Of A Rose" gehört ohne Zweifel zum Besten, was der Feder der beiden Protagonisten bislang entsprungen ist. Beim lauten Anhören entpuppt sich die plakative Dramatik als gerade richtig in der Portionierung, und mit dem rechten Maß an Pathos entsteht ein Blackmore's Night-Klassiker, der in Zukunft auf keinem Konzert mehr fehlen sollte.
Textlich erfährt die deutsche Mystik eine Ehrung, wenn mit "Loreley" erneut ein fulminanter Mitklatsch-Song erklingt. "Where Are We Going From Here" hängt etwas durch und gehört zu den wenigen Schwachpunkten des Albums. Das Tull-Cover "Rainbow Blues wirkt etwas deplatziert und will - im Gegensatz zu "Diamonds And Rust" - nicht so recht in den Rahmen der Platte passen. Jedoch darf sich hier Ritchie elektrifiziert austoben wie bei keinem anderen Song auf "Ghost Of A Rose". Mit dem Mitgröhl-Knaller "All For One", einer Adaption eines alten bretonischen Liedes, das schon die Bots mit "Was sollen wir trinken" musikalisch auffrischten, und dem Sonnenuntergangs-Track "Dandelion Wine" endet das wohl ausgereifteste Werk von Blackmore's Night.
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