laut.de-Kritik
Psychedelischer Singer/Songwriter-Sound.
Review von Mathias MöllerEines der wenigen Dinge, die mir aus der "Internationale Beziehungen"-Vorlesung an der Uni im Gedächtnis geblieben sind, ist die eindrückliche Warnung unseres Dozenten vor Andorra. Jener Kleinstaat in den Pyrenäen sei der langweiligste Ort auf dem Planeten und existiere nur, um Duty-Free-Waren anzubieten, hieß es damals.
Diese Erfahrung machte auch Dan Snaith, der Mann hinter dem Pseudonym Caribou, als er im vergangenen Jahr das kleine Land zwischen Spanien und Frankreich besuchte. Ganz anders als in seiner Fantasie entpuppte sich Andorra. Dennoch beschloss er, sein viertes Album nach dem Zwergstaat zu benennen. Auf "Andorra" konserviert er seine ursprüngliche, romantisierende Vorstellung.
Wie wild seine Eingebungen gewesen sein mögen - die neun Tracks verraten es vom ersten Ton an: "Andorra" ist ein 43 Minuten andauernder Trip. Böse Menschen mögen es Hippie-Musik nennen, psychedelischer Singer/Songwriter-Sound mit elektronischen Spielereien tituliert es der verantwortungsbewusste Kritiker.
Das psychedelische Element spielt in der Tat eine große Rolle in Caribous Musik. Die Stücke sind musikalisch wie atmosphärisch dicht, fast überfrachtet. Umso erstaunlicher, dass Snaith alle seine Lieder in mühe- und liebevoller Heimarbeit alleine zusammenfrickelt. Man hört es den Nummern nicht an, und auch einer Live-Umsetzung sollte nichts im Wege stehen, bedient er sich für Auftritte doch einer Backing Band.
Mitunter entwickeln die Tracks eine wohltuend hypnotische Wirkung wie das über sechs Minuten lange "After Hours" oder das stark repetitive "She's The One". Neues erfindet Smaith mit "Andorra" zwar nicht, aber sein charmant anachronistischer Sound verdient das Prädikat hörenswert. Wenn es den Hörer von einem besseren Andorra träumen lässt, allemal.
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