laut.de-Kritik

Kalifornischer als Kalifornien.

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Der Polaroid-Himmel färbt sich Sepia und die Sonne brennt gnadenlos auf das Autoblech. Wenn das Sphärenklänge sind, dann die, die sich illuminierte Gemüter damals zwischen Haight-Ashbury und den Provinzen, aus denen es sie dort hingezogen hat, so vorgestellt haben. Cass McCombs hat sein zweites ANTI-Album "Tip of the Sphere" genannt, das Cover zeigt etwas zwischen Mandala und Stickerei, wahrscheinlich etwas Erleuchtetes.

"Tip Of The Sphere" ist ein ätherisches Album geworden, kalifornischer als Kalifornien, mehr Siebziger als die Siebziger. Zu Beginn beschwört Cass McCombs erst mal die fiebrige Schlange des Sommers. "I Followed The River South To What" heißt das Stück, dauert über siebeneinhalb Minuten und hypnotisiert mit seinem repetitiven Fundament. Darüber windet sich der Gesang durch die kurvigen Straßen in jener hügeligen Stadt, die heute eher vom Silicon Valley und hohen Mieten geprägt wird als von Sit-ins und Be-ins.

Klar, McCombs beherrscht alle Spielarten des Americana-Kosmos' und zitiert Warren Zevon genauso wie Jerry Garcia oder Dylan. Das zeigt er mit psychedelischem Rock, mit dem, was man gemeinhin als Alt-Country bezeichnet, oder mit süßlich-angesurftem Pop. Oder er lässt, wie bei "Rounder" mal ordentlich die Manzarek-Orgel dröhnen und sich über die Straße schleppen, deren Ende am Horizont noch nicht ersichtlich ist.

Wenn McCombs nicht von Zugraub singt und damit Folk-Mythen zitiert, dann lässt er auch mal seinen Astralkörper lyrisch so richtig schwingen: "That was a past life / And that's life / I've been reincarnated into this thing /That resembles nothing of the former man / But your breath stood up to celestial law and the ribbon of distance was cut". Oder er beschwört den 'magischen Sonnenuntergang', sieht ja auch nicht ganz scheiße aus das gelbe Ding beim Niedergang, so von den kalifornischen Küsten und Stränden aus betrachtet. Auch wenn die Industrial Disease in den goldenen Sphären wütet: "In American Canyon / Where Walmart employees and customers are one and the same / They've even built apartments here to add a residential coffin to the bargain / Guess I'll stay forever and work for the company store", singt er in "American Canyon Sutra".

Auf "Tip Of The Sphere" tanzt jeder mit jedem. Kerouac und Ginsberg mit Roland, dem kopflosen Thompson-Gunner, Dylans nonchalante Cowboy-Inkarnationen mit Proto-Hippies und Holzfällern. Denn egal, ob uns die Geister an der Zapfsäule der alten Tankstelle erscheinen, auf dem Skateboard oder vielleicht auch gar nicht: wir werden's nie wissen, wenn wir sie nicht beschwören.

Trackliste

  1. 1. I Followed The River South To What
  2. 2. The Great Pixley Train Robbery
  3. 3. Estrelle
  4. 4. Absentee
  5. 5. Real Life
  6. 6. Sleeping Volcanos
  7. 7. Sidewalk Bop After Suicide
  8. 8. Prayer For Another Day
  9. 9. American Canyon Sutra
  10. 10. Tying Up Lose Ends
  11. 11. Rounder

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LAUT.DE-PORTRÄT Cass McCombs

"Cass McCombs ist ein 1977 geborener kalifornischer Sänger. Er spielt Gitarre seit er 14 Jahre alt ist und nennt einen High School-Abschluss sein Eigen.

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