laut.de-Biographie
Cities Aviv
Wilbert Gavin Mays Ziel als Künstler erscheint paradox. "Ich möchte anders sein", sagt der Underground-Rapper, Jahrgang 1989, aus Memphis. Statt sich vorrangig auf die Vergangenheit des Hip Hop zu berufen, suche er nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. "Mir ist wichtig, als Musiker die digitale Ästhetik, in der wir heute leben, zu repräsentieren."
Gleichzeitig begreift May sich als "Teil der iPod-Generation". Dieser Terminus bedeute für ihn, ständig von sehr unterschiedlicher Musik umgeben zu sein, die er dann in seiner eigenen Hip Hop-Synthese zusammenführt. Während er als Cities Aviv also einerseits die Rolle des Innovators beansprucht, basieren ebenjene Neuerungen auf purem Eklektizismus.
Damit fährt der Amerikaner gut: Schon sein Mixtape-Debüt "Digital Lows" begeistert 2011 die Fachpresse von Spin bis Pitchfork. Darauf demonstriert May, der als Jugendlicher noch als Frontmann der Hardcore-Formation Copwatch in Erscheinung tritt, seine Einflüsse. Memphis-Größen wie Three 6 Mafia inspirieren den damals 22-Jährigen nachhaltig.
"Ich produziere aber keine 'Fight Music' wie die Mafia", stellt er weiterhin klar. "Never been a thug." Vielmehr umschreibe sein "Off-Beat Rap" soziale Gefüge und existenzialistische Entfremdungszustände im Zeitalter der Virtualität. Technologie stehe thematisch häufig im Zentrum seiner Lyrics, heißt es vom Künstler.
Der Flow, der an Death Grips erinnert, droht jede Sekunde zu zerbrechen, wenn Cities Avivs Verse aus dem Hintergrund durch das digitale Durcheinander bellen. Rhythmen verschieben sich in diesem Nerdrap, während der abstrakte Unterbau aus Soul- und Noise-Samples verhindert, dass der Hörer sich je zu gemütlich im Chopped & Screwed-Sound einrichten kann.
In Verwandtschaft zum elektronischen Zeitgeist, insbesondere zur auf Fahrstuhl-Muzak gegründeten Vaporwave-Bewegung, referieren auch die Album- und Tracktitel auf die digitale Ära. ".AVI", "RE-UPLOADING" oder "URL IRL" heißt es da. Kein Wunder, dass Wilbert Gavin dann doch bald wieder eingereiht wird – und zwar in das approximative Genre des Cloud Rap neben Main Attrakionz.
Ungerührt angesichts solcher Stilklammern sucht Cities Aviv auch auf späteren Werken nach einem Realitätskonzept zwischen Webseite und Alltag. "Ich will niemals bloß als 'Internet Rap' wahrgenommen werden", gibt er dem Interview-Magazin zu Protokoll, nicht ohne gleich das nächste Paradoxon einzuräumen: "Internet steht für mich als Musiker vor allem für die Freiheit zu tun, was ich tun möchte."
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