laut.de-Kritik
Legendärer Sound zu einer legendären Sage.
Review von Kerstin KratochwillAls 1984 ein neuer Robin Hood die Legende des mythischen Helden in einer mystischen Fernsehserie neu aufleben ließ, war nicht nur deren Inszenierung zwischen dreckiger Abenteuer-Erzählung, düsterem Folk Horror, dunkler Fantasy und durchaus authentischem Szenerieumfeld faszinierend, sondern auch die Musik darin. Die irische Folk-Gruppe Clannad schrieb mit "Legend" einen geradezu gespenstisch schönen Score, der nicht nur mit dem Titelsong "Robin (The Hooded Man)" perfekt die Stimmung der Story aufnahm, sondern durchgehend Sound und Serie zu einem Ganzen verwebt.
Mit Elementen aus New-Age-Musik und keltischen Klängen, die immer wieder motivisch in der Serie bei bestimmten Szenen auftauchen, schrieb die Band nicht nur dem Titelhelden selbst, sondern auch den verschiedenen Charakteren den eigenen Soundtrack auf den fiktiven Leib und ließ sie so lebendig werden. Ein fast Ennio Morricone-mäßiges Vorgehen, der in seinem Soundtrack zu "Spiel mir das Lied vom Tod" ebenfalls einzelnen Charakteren ein eigenes musikalisches Thema schenkte und diese damit in den Kosmos der unsterblichen Filmfiguren einschrieb.
Clannad haben es mit sowieso schon legendären Gestalten zu tun, den so genannten "Merry Men" um Freiheitskämpfer Robin Hood, der seit dem Spätmittelalter in unzähligen Balladen besungen wurde und darin seine Identität und Ideale immer weiter in Richtung "Held für die Armen" verschiebt. Auch eine romantische Liebe zu Maid Marian entsteht in diesen Legendenerzählungen irgendwann, und diese Frauenfigur erhält bei Clannad mit dem Track "Lady Marian" nicht nur ein besonders ergreifendes wie hellsichtiges Theme, sondern weist darüber hinaus auch auf die emanzipierte Frauenfigur in der Serie hin.
Andere zentrale Figuren der geächteten Bande wie "Scarlet", ein treuer Gefährte aus den frühesten Schilderungen, haben ebenfalls eigene Melodien, genauso wie die rätselhafteste Figur der Serie: "Herne", eine magische Gestalt aus der Folklore, die erstmals schriftlich bei William Shakespeare auftaucht. In dieser TV-Version beschützt der geheimnisvolle Jäger im Wald mit dem Hirschgeweih auf dem Kopf Robin ("The Hooded Man", wörtlich der Mann mit der Kapuze oder alternativ der Vermummte) und leitet ihn mit allerlei Prophezeiungen durch waghalsige und wagemutige Geschichten. Clannad nehmen all diese folkloristischen, mystischen und magischen Elemente der Serie um heidnische Hexen und Zauberer, furchteinflößende Teufelsreiter und eigenartige Phantomdörfer auf und schafften mit ihrem Sound eine geradezu alchemistische Atmosphäre, die einen als Zuschauer*in und Zuhörer*in wünschen lässt, in diesen dichten Wäldern und verdreckten Behausungen mitleben zu dürfen.
Das Zauberhafteste an "Legend" ist jedoch, dass die Songs auch ohne Serie ein Eigenleben haben: Clannad spielen auf ihrem hier mittlerweile achten Album geradezu schlafwandelnd sicher mit Prog-Rock-Zitaten in "Ancient Forest" oder "Battles", mit Verschmelzungen von folkigen Instrumenten wie Harfe, Mandoline, Flöte sowie elektronischen Synthieklängen in den instrumentalen Tracks und mit ätherisch gesungenen Zeilen in dem Liebeslied "Together We", das mit minimalistischem Text die maximale Liebe der Gefährt*innen präzise und poetisch aufspannt wie Robin seinen Bogen im nebligen Gegenlicht.
Zur enigmatischen Grundstimmung des Albums passt dann auch die geheimnisumwitterte Geschichte vieler Lost Tracks, die es nicht auf den Soundtrack geschafft haben, aber zum Teil auf den Alben "Macalla" (1986) und "Clannad: Live In Concert, 1996" enthalten und in der Serie selbst versatzweise zu hören sind. Die Blu-Ray-Releases von "Robin Of Sherwood" haben immerhin ein "Music Only"-Extra, in dem man die verschollenen Songs hören kann. Clannad selbst gaben bekannt, man suche nach den verloren gegangenen Master-Tapes, um sie hoffentlich irgendwann zu veröffentlichen – und so die Balladen-Songwelt um die Sagengestalt weiter zu verdichten.
In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.
3 Kommentare mit 4 Antworten
Clannad besteht aus der Familie Braonáin/Brennan, aus der auch Enya, die Queen des New Age, stammt. Sie war aber nur kurz Teil der Band.
Leider schlecht gealtert. Die Synthie-Klang-Teppiche gefallen mir gar nicht.
Finde nicht das die Musik ???? schlecht gealtert ist aber jeder sieht das anders.
Da werden Erinnerungen wach! Leider hat man den charismatischen Darsteller des Robin Hood bald gegen den Sohn von Sean Connery ausgetauscht und der hat leider so gar nicht gepasst... Tolle Musik, damals. Müsste man mal wieder reinhören.
Ja, die 3. Staffel konnte ich mir nicht mehr ansehen, der Fremdschämfaktor war zu hoch.
Ich meine der ursprüngliche Robin zog es vor einem Ruf an den Broadway zu folgen. Wurde also nicht rausgeschmissen, sondern verfolgte eine andere Karriere.
@Meypelnek:
Richtig, "The Three Musketeers". Er hatte die Chance, die Hauptrolle als d'Artagnan zu übernehmen, und gleichzeitig in GB vor der Kamera war halt schwer möglich. Die Produktion stand aber unter keinem guten Stern und wurde nach zwei Wochen abgesetzt. Brent "Data" Spiner, der damals den Aramis gab, hat sich deutlich später noch darüber lustig gemacht.
Gruß
Skywise