laut.de-Kritik
Routinierter Jubiläumsgig zum 20. Geburtstag der Spielleute.
Review von Ulf KubankeMal wieder ein Live-Album von den Barden des Mittelalters. Konzertmitschnitte sind bei Corvus Corax meistens etwas Besonderes. Sie fangen Spirit und Ausstrahlung der Band um ein Vielfaches besser ein als Studioproduktionen. Dieser Mittschnitt wurde - passend zum 20. Geburtstag der Band - in der ehrwürdigen Passionskirche zu Berlin aufgezeichnet.
Der Rahmen eignet sich bestens einen bunten Abend mit den Fürsten der Nichtsnutze. Die Tracklist bietet einen kompletten Querschnitt durch die gesamte bisherige Karriere. Endlich verabschieden sich die Spielleute von dem etwas bemühten und halbgaren Autorenkino der "Carmina Burana"-Phase. Hier zelebrieren sie wieder all jenes, was sie am besten beherrschen: Gauklertum!
Die Mannen um Fronter Castus Rabensang zeigen in den gesamten zwei Stunden Spielzeit, dass sie sich mittlerweile in ihrem Genre zu wahren Virtuosen ihrer archaischen Instrumente gemausert haben. Die lupenreine Genauigkeit und das absolut blinde Verständnis untereinander ist schlichtweg weltklasse. In dieser Unverfälschtheit liegt der große Verdienst der Kolkraben.
Sie bieten dem Ohr puristischen Genuss ohne die oft überflüssige Krücke des schweinerockenden Metalbretts bzw. doofer elektronischer Spielereien. Corax-Evergreens wie der "Albanische Tanz" fahren dennoch druckvoll punkig in das Tanzbein.
Gleichwohl stellt sich die Frage, weshalb man als Supporter unbedingt den Passionsgig braucht. Altgediente Fans bemerken sicherlich, dass viele beliebte Klopper wie "Platerspiel" oder der - auch seinerzeit von Dead Can Dance gespielte - "Saltarello" nur ansatzweise den Charme der druckvoll rauen Versionen des grandiosen räudigen "Live Auf Dem Wäscherschloß" von 1998 transportieren.
Ebenso anstrengend und eintönig kann es für den lediglich interessierten Nicht-Die Hard-Fan sein, die 120 Minuten am Stück zu sehen bzw zu hören. Im Laufe eines derart langen Auftritts zeigt sich leider eben auch, dass rhythmische Vielfalt und Abwechslungsreichtum der Arrangements sehr limitiert sind. Das liegt hier in der Natur des Konzepts, nur Spiel- und Kompositionstechnik zu verwenden, die musikalisch aus der Zeit vor der Renaissance stammt.
Als Bonus liefern die Kolkraben zusätzlich einen köstlichen Doku-Film aus der Anfangsphase der Combo. Die sympathische Wärme, Ehrlichkeit und absolut kompromisslose Hingabe zur Musik vermitteln ein angenehmes Portrait der gesamten Truppe. Sehr gelungenes Gimmick für Nachgeborene. Am Ende bietet diese DVD insgesamt einen soliden Einstieg für Neulinge und Hardcore-Fans.
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