laut.de-Kritik
Stimmungsvolle Raps, locker von der Yacht gespuckt.
Review von Moritz FehrleGegen Curren$y sind wir alle faul. Die Anzahl an Alben, die andere Musiker:innen in ihrer ganzen Karriere veröffentlichen, haut der Rapper aus New Orleans gefühlt in einem Jahr heraus. Mehr als zwanzig Alben stehen seit 2009 zu Buche, dazu kommen ungezählte Mixtapes und EP.
Curren$ys Arbeitspensum - mit dem Wort "immens" nur unzureichend beschrieben - macht es selbst den härtesten Fanboys und -girls schier unmöglich, mit dem Hören nachzukommen. Das neueste Album des ehemaligen Young Money-Schützlings verdient jedoch gesonderte Aufmerksamkeit, auch weil Curren$y selbst es im Vorfeld als sein bisher bestes angekündigt hat. Und als vermutlich einziger Mensch, der sein gesamtes Werk kennt, besitzt er in dieser Hinsicht Expertenstatus.
Für "The Out Runners" tut sich der Rapper ein weiteres Mal mit dem New Yorker Produzenten Harry Fraud zusammen. Und wie bereits "Cigarrete Boats" (2012) und "The Marinara" (2018) gezeigt haben, ist das eine verdammt wirkungsvolle Kombination. War das Duo 2012 noch im Schnellboot unterwegs, wird dieses Mal lässig von der Reling der Yacht runter gerappt.
Harry Fraud erschafft dabei Soundlandschaften irgendwo zwischen schwüler Strandpromenade und Achtzigerjahre-Gangsterstreifen, die die perfekte Grundlage für Curren$ys tiefe Raspelstimme bilden. Dass dessen grundentspannte Stoner Raps über die Dauer so gut funktionieren, dafür sorgt auch die kluge Auswahl an Gästen, die man sich mit an Boot holt.
Ob nun Diplomats-Urgestein Jim Jones, der gewohnt urgewaltige Rick Ross oder Griseldas Conway the Machine - alle wirken sorgsam gewählt und fügen sich stark ins Bild ein. Gleiches gilt im Prinzip auch für Wiz Khalifa, der allerdings trotz stark Performance in Hook und Strophe nicht verhindern kann, dass der gemeinsame Song "90' IROC-Z" mit schmalzigem Saxophonbeat und Curren$ys etwas halbgarer Performance und störenden "la da da"-Einwürfen doch der belangloseste des Albums bleibt.
Dafür läutet der Song die stärkste Phase von "The Out Runners" ein. Während textlich sonst viel Locker-Room-Talk und viele Gras- und Autoreferenzen vorherrschen, bringt das soulige "Gold and Chrome" die angespannte, paranoide Atmosphäre in Zeiten von Corona und den heftigen Protesten gegen Polizeigewalt auf den Punkt, wagt zum Ende aber trotzdem hoffnungsvoll den Blick nach vorne.
Das düstere Mugello Red" bricht dagegen besonders musikalisch aus der entspannten Grundhaltung aus. Der monumentale Beat erzeugt derart viel Druck und Atmosphäre, dass er für das Albumhighlight sorgt, obwohl er Curren$y tatsächlich an zwei Stellen aus dem Tritt zu bringen droht.
"School of hard knocks, I rolled joints with my diploma / Clean the Chevy on the corner / Ducking crooked polices and that corona". Nach fünfundzwanzig Minuten geht das Album bereits zu Ende: der Rapper putzt seinen Chevrolet und versucht, dabei weder von Polizisten noch vom Virus erwischt zu werden.
Allzu lange wird diese Verschnaufpause vermutlich nicht ausfallen. Dann wird es Curren$y sicherlich wieder ins Studio verschlagen. Dieses Album nochmal zu überbieten, dürfte allerdings schwer werden. Denn hier hat sich wirklich ein Duo gefunden, bei dem der jeweils eine die Stärken des jeweils anderen perfekt zur Geltung bringt. Gemeinsam sorgen sie für eines der stimmungsvollsten Rap-Alben des Jahres.
4 Kommentare
Gefällt auf Anhieb. Mal weiter anhören...
Geil, geil, geil
"Das neueste Album [...] verdient jedoch gesonderte Aufmerksamkeit, auch weil Curren$y selbst es im Vorfeld als sein bisher bestes angekündigt hat"
Na, was ein Argument, welcher Rapper behauptet das bitte nicht von seinem neusten Werk
Wird gecheckt.
Nun ja, grundsätzlich wie erwartet ein stabiles Projekt.
Spitta in konstanter Form, für ihn sogar teils ungewohnt tiefgründig und emotional.
Aber der Harry.... die Beats sind zweifelsfrei gut. Nur hatte der mal seinen ganz eigenen Sound, so ein gelungener Hybrid zwischen Boom Bap und Trap. Jetzt macht er zwar makellose, aber doch etwas austauschbare Sample Beats, die auch von Justice League, Static Selectah, etc. sein könnten. Ohne das „la musica...“ wäre jedes Alleinstellungsmerkmal verschwunden.