laut.de-Kritik
Keine Handbreit Boden für Sir Nose.
Review von Dani FrommAls Kind gruselte ich mich ziemlich vor diesen Radios, bei denen man den Sender per Drehknopf einstellt. Die Vorstellung, zwischen den Sendern auf irgendetwas anderes zu stoßen, eine Botschaft, die irgendjemand irgendwann von irgendwo aus in den Äther schickte und die seitdem dort herumschwirrt ... brrr!
Der Einstieg zu "Invite The Light" beschwört entsprechend mulmige Gefühle: Treffsicher bedient sich Dam-Funk des Stoffes, aus dem einige meiner Alpträume gewebt sind. Dabei birgt das Intro ja eigentlich frohe Kunde: Hier sendet ein waschechter Ohio Player über ein funky Wurmloch vermutlich direkt aus George Clintons Raumschiff: "For we invite the light it shall surely come to us", lautet Junie Morrisons tröstliches Versprechen. "If we invite the funk it will never let us down."
"Invite The Light" predigt Urvertrauen in die Kraft des Funks, dessen Essenz unentwegt, unaufhörlich in seinen Quakebässen pumpt. "Don't you ever stop 'cause we continue. Don't you ever quit 'cause we continue." Keine Handbreit Boden überlässt Dam-Funk Sir Nose. Sein Album: ein einziges Manifest gegen die Ausbreitung der Zone of Zero Funkactivity.
Keine Frage: Der Mann hat beim Meister des P-Funk gelernt. Egal, ob weiche, warme, wattige Sounds beim entspannten Ausflug in unendliche Weiten, die verwirrenden Geräuschkulissen der Großstadt oder knackig vorantreibende Rhythmen, wie sie "Surveillance Escape" auffährt: Stets pluckert unter der Oberfläche ein höchst vitaler Bass, Lebensader der Tracks und rettender Faden, an dem entlang es sich halbwegs sicher durch das Labyrinth des alltäglichen Wahnsinns hangeln lässt.
"Missing U" zirpt und zwitschert. "Floating On Air" flirrt, seinem Titel angemessen, so luftig daher, als habe Roy Ayers' "Everybody Loves The Sunshine" für die Melodie Pate gestanden. Der direkt darauf folgende Track mit dem nur unwesentlich sperrigen Titel "HowUGonFu*kAroundAndChooseABusta?" groovt so breitbeinig, als habe man Prince' "Partyman" mit "(Not Just) Knee Deep" gekreuzt. Vor dem geistigen Auge spaziert Jack Nicholson in vollem Joker-Make-Up über die Gangway des Motherships: ganz groß.
"Don't you ever stop 'cause we continue." Ungewollt nennt Dam-Funk damit aber auch eins der Probleme von "Invite The Light" beim Namen: Zur rechten Zeit aufhören scheint nicht zu seinen vielen Talenten zu zählen. Gegen Ende des Albums kommen mir die Tracks zunehmend lang und länger vor. Trotz ihrer zahlreichen Wendungen halten sie manchmal nicht richtig bei der Stange, fransen aus.
Der Gesang, das zeigt sich ebenfalls schon in "We Continue", gehört ebenfalls nicht zu den Stärken des Albums. Hingebungsvoll, aber dünn klingt es zu oft. Unaufdringlich, könnte man wohlwollend urteilen, oder garstiger: total egal. Gastvokalisten erscheinen deswegen, wo sich Dam-Funk nicht gleich aufs Instrumentale verlegt, jederzeit hochwillkommen.
Q-Tip bereichert "I'm Just Tryna Survive (In The Big City)" um eine neue Facette. Der dritte und vierte Leon Sylvers, Vater und Sohn, hauchen "Glyde 2nyte" den Sound Of Los Angeles ein. Weirdos vom Schlag eines Ariel Pink gibt es viel zu wenige, und für Snoop Doggs smooth säuselnden Flow scheinen Dam-Funks Kulissen ohnehin wie geschaffen, das wissen wir ja längst: "Just Ease Your Mind From All Negativity", genau. Einfach mal baumeln lassen. Auf den Funk vertrauen. Dann findet sich schon alles.
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