laut.de-Kritik

Damian setzt sich ein Denkmal, das überdauern wird.

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Spätestens seit "Welcome To Jamrock" ist der jüngste Marley-Spross Damian im großen Musikbusiness angekommen und nicht mehr bloßer Offbeat-Artist von der Karibikinsel Jamaika. Zwei Grammys und eine Gold-Auszeichnung später veröffentlicht 'Jr. Gong' nun zwölf (!) Jahre später, pünktlich zu seinem 39. Geburtstag, sein viertes Soloalbum "Stony Hill" und stellt damit einmal mehr unter Beweis, dass er schon lange nicht mehr zum Kreis der limitierten Reggae-Künstler gehört, die nicht über den Tellerrand hinausschauen wollen oder können.

Ohne die musikalischen Wurzeln aus den Augen zu verlieren, orientiert sich "Stony Hill" zu großen Teilen am popkulturellen Zeitgeist, zu dem neben Hip Hop, Elektro und Pop mittlerweile auch Reggae, Raggamuffin, R'n'B und ganz besonders Dancehall gehören. Dem klassischen Representer-Tune "Here I Come Again" zum Auftakt folgt die Vorabsingle "Nail Pon Cross" und das kraftvoll treibende "Roar", auf dem 'Gongzilla' seinen unnachahmlichen, bissigen Flow endgültig perfektioniert. Wabernde Synthie-Schleifen und knallende Snare-Drums geben sich hierbei ebenso die Hand wie perfekt sitzende Cuts und Reminiszenzen in die Vergangenheit.

"A we a guard dem out a street / Late at night when dem a sleep / Kids in bed and counting sheep / And when they wake up inna the morning, they'll living sweet / Enterprise operation, ruff up well neat / Back to business, everything on beat."

Der Sohn der ehemaligen 'Miss World', Cynthia Breakspeare, schwingt sich zum Patron einer ganzen Kultur auf, will Beschützer der Armen und Schwachen sein, Vorbild und Vorreiter für die Progressisten. Längst seinem jamaikanischen Lebensmittelpunkt, dem (durchaus gehobenen) Kingstoner Stadtteil 'Stony Hill' nach Florida entwachsen, auch um näher am musikalischen Puls der Zeit zu sein, sampelt er für sein neues Album Klassiker wie Black Uhuru, Dennis Brown und Buju Banton, macht mit Bounty Killers Sohn Major Myjah ("Upholstery") gemeinsame Sache und bleibt dennoch klanglich und textlich so innovativ wie pointiert.

Damian Marley vereint Welten. Und "Stony Hill" ist sein Verbindungselement. Er singt zusammen mit seinem Halbbruder Stephen über die medizinischen Benefits von Marihuana ("Medication"), erinnert an die lange und leidvolle Geschichte der Sklaverei ("Slave Mill"), untermauert mit "The Struggle Discontinues" und "Looks Are Deceiving" sein Standing als Roots-Artist par excellence. Er singt über Träume, über Auswege aus der Armut, über sein eigenes Leben. Er schreit förmlich: 'Seht her! Ich habe es geschafft. Und ihr werdet es auch schaffen. Glaubt an euch!' Bevor das Album mit "Speak Life" endet, präsentiert der wohl talentierteste Nachkomme von Bob Marley mal eben schnell wie aus dem Nichts einen der größten Dancehall-Kracher der letzten 15 Jahre ("Caution").

Aber er singt auch über die aktuelle Weltpolitik und Zukunftsängste unserer Gesellschaft ("Time Travel"), macht dabei moderne Popmusik fernab von Stereotypen und Belanglosigkeiten ("Perfect Picture"), kann sogar den Instrumenteneinsatz bis auf ein Minimum zurückfahren und trotzdem mit "So A Child May Follow" einen der stärksten Songs der Platte produzieren. "Stony Hill" ist so facettenreich, dass die Fülle an unterschiedlichen Einflüssen und Rückblenden den Rahmen eines einzelnen Albums an einigen Stellen sogar zu sprengen droht. Mal klingt es nach Jimmy Cliff ("Everybody"), mal nach "Views" von Drake ("Grown And Sexy"). Mal erinnert es an einen Quentin Tarantino Soundtrack ("Autumn Leaves"), mal an den 'Prince of Bel-Air' ("Livin It Up"), mal an eine verblüffend überzeugende Mischung aus Usher und Ed Sheeran. Doch am Ende ergibt alles einen Sinn. Nichts von alldem ist zu viel. Die LP wird zum unverwechselbaren Unikat.

Damian Marley setzt sich mit "Stony Hill" ein Denkmal. Ein Denkmal, das überdauern wird. An das man sich erinnern wird. Es ist ein Manifest jamaikanischer Musikkultur, die so viel mehr sein kann, als nur "Catch A Fire". Damit hat bei Vater Bob einmal alles angefangen. Damian schreibt nun diese Geschichte fort. Jetzt ist es aber seine eigene.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Here I Come Again
  3. 3. Nail Pon Cross
  4. 4. Roar
  5. 5. Medication
  6. 6. Time Travel
  7. 7. Livin It Up
  8. 8. Looks Are Deceiving
  9. 9. The Struggle Discontinues
  10. 10. Autumn Leaves
  11. 11. Everybody
  12. 12. Upholstery
  13. 13. Grown And Sexy
  14. 14. Perfect Picture
  15. 15. So A Child May Follow
  16. 16. Slave Mill
  17. 17. Caution
  18. 18. Speak Life

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