laut.de-Kritik

Der jüngste der Marleys mit einem zeitgemäßen Album.

Review von

"Dem blood sweat and tears run like syrup/ Any day a revolution might erupt/ And the skys over Kingston lighting up/ For the new generation rising up" singt Damian 'Jr. Gong' Marley in "Confrontation", dem Opener des dritten Albums "Welcome To Jamrock". Kriegstrommeln bestimmen den Beat im Intro, Zitate von Bunny Wailer und Marcus Garvey schaffen zusätzlich eine beklemmende Atmosphäre. Der Song packt vermutlich jeden. Eine flammende politische Standortbestimmung, die Gänsehaut erzeugt.

Der Jüngste im Bunde der musizierenden Horde von Marley-Söhnen ist zurück, seinen Bruder Stephen hat er als Duettpartner und gleichberechtigten Produzenten im Schlepptau. Mit dem Vorgänger "Halfway Tree" räumte er 2001 den Grammy für das Beste Reggaealbum ab. "Welcome To Jamrock" klingt modern und verleugnet dennoch nicht die Roots Culture-Wurzeln. Zu Hochform läuft Jr. Gong - der Beiname ist eine Adaption des Spitznamen 'Tuff Gong' seines Vater - immer dann auf, wenn treibende Beats unter erzürnt und zwingend fließenden Vocals donnern.

Der Titeltrack "Welcome To Jamrock" ist mit seiner stampfenden Kombination aus dicken Beats und einem drückenden Bass ein echtes Highlight und zurecht die erste Single des Albums, die in UK kürzlich Top 10-Status erreichte. Marley schildert Polizeiwillkür im täglichen Leben der Kingstoner-Ghettos, macht auf Missstände aufmerksam, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Der einfache aber effektive Basslauf von "All Night", auf dem, wie auch auf einigen anderen Stücken, Stephen Marley zu hören ist, erinnert zusammen mit dem zurückgenommenen Schlagzeug ein wenig an De La Soul, während die Vocals auch von Shabba Ranks hätten kommen können. Die Zusammenarbeit mit Bobby Brown klingt mit seinem mehr als aufdringlichen Saxofon und schmalzigen Refrain weder zeitgemäß, noch ist es im Endeffekt sonderlich interessant.

Auch "For The Babies" hätte besser tönen dürfen. Aber irgend jemand konnte wohl nicht widerstehen und hat den Knopf gedrückt, auf dem "Drück mich und du klingst wie Cher in Believe" stand. Schade. Und weils so schön war, gleich bei "Hey Girl" noch einmal. Zuviel des Furchtbaren. Das hätte nicht sein müssen. Zumal der schicke Handclap-Beat richtig was her macht.

Berührend gelingt "Road To Zion", für das auch der Reggaeton-Beauftragte Nas einige Zeilen ins Mikro gerappt hat. Das ganze Stück bewegt sich mehr im Rapbereich: Die Drums klopfen ein einfaches, trockenes Beatgerüst, kleine Soundfeinheiten lassen es fast schon fugee-esk klingen. Der richtige Knaller kommt zum Schluss. Marley trifft bei "Khaki Suit" auf die Dancehall-Helden Bounty Killer und Eek-A-Mouse. Die Zeilen fließen derart unverschämt, dass man mit offenem Mund staunend neben der Anlage steht. Wie lange hat er nur daran gefeilt? Ganz groß.

Vor dem Namen Marley sollte hier niemand zurückscheuen. "Welcome To Jamrock" hat nichts mit dem "Tomorrow People"-Popkram seines Bruders Ziggy am Hut. Die Tracks enthalten meist zeitgemäßen Reggae, sind stilistisch breit aufgestellt und haben eine zielgerichtete Botschaft mit an Bord. Die wenigen zu beanstandenden Stücke trüben das positive Bild des Albums nicht sonderlich, allerdings wäre es mit elf anstelle der vierzehn Songs komprimierter und damit möglicherweise noch besser bedient gewesen.

Trackliste

  1. 1. Confrontation
  2. 2. There For You
  3. 3. Welcome To Jamrock
  4. 4. The Master Has Come Back
  5. 5. All Night
  6. 6. Beautiful
  7. 7. Pimpa's Paradise
  8. 8. Move!
  9. 9. For The Babies
  10. 10. Hey Girl
  11. 11. Road To Zion
  12. 12. We're Gonna Make It
  13. 13. In 2 Deep
  14. 14. Khaki Suit

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