laut.de-Kritik

Eingängiger Pop-Rap auf einem etwas groß geratenen Album.

Review von

Der Stuttgarter war offenbar fleißig – mit 23 Titeln ist "DardyNextDoor" ein ziemlicher Brocken. Und davon sind gar nicht mal so viele schlecht: Dardan hat sich diesen Sommer mit seinem neuen Album orangefarbene Dauerkarten für den Bluetooth-Adapter aller Dorfjugend-Polos gesichert.

Rap-Tracks, die an Dardans Anfangszeit erinnern und ihn als erfolgversprechenden Newcomer zementierten, dürfen natürlich nicht fehlen. Auch zu erwarten waren zahlreiche romantische Songs, die entweder voller Herzschmerz Vergangenes betrauern oder liebestoll das Hier und Jetzt mit seiner Nun-Ehefrau Hava feiern. Beeindruckend: Zählt man die als "Visualizer" deklarierte YouTube-Animation zu "Obsessed (feat. RAF Camora)" mit, begleiten satte neun Videos die neue Platte – von denen die allermeisten auch noch auffallend gut produziert sind.

Doch von Anfang an: Nach dem Einstiegstrack "Controlla" hören wir "Parfum", das einen ein bisschen an Maître Gims erinnert – gefolgt vom besagten "Obsessed (feat. RAF Camora)", einem der eher schwächeren Tracks. "Noch Bei Ihr" bringt das traurige Auseinandergehen, damit "Day & Night (feat. Hava)" die Stimmung wieder heben kann: Dardan und Hava streunen im Musikvideo zusammen durch New York und singen von trauter Zweisamkeit. Bei "Superfreak" dreht sich rund um ein Sample von K-Youngs "Please Me". Auf den ziemlich durchschnittlichen Track folgt "Boss (feat. Summer Cem)", auf dem die beiden so abliefern, dass man sich fragt, warum gerade hier kein Video drin war – flüssig und elegant, absolutes Ohrwurmmaterial.

Auch die Melodie von "Bandita (feat. Noizy)" bleibt einem unweigerlich im Kopf, dazu ein Video reich an Bonnie-und-Clyde-Symbolik. "DNA" öffnet mit einem gesampleten Zitat aus American Gangster: "Das Wichtigste in dem Geschäft ist Ehrlichkeit, Anstand und Fleiß (...) Man darf nie vergessen, woher man kommt", schärft einem der erst vor kurzem verstorbene Leon Boden als deutsche Stimme von Denzel Washington in der Rolle des Frank Lucas ein – bis auf diese Referenz reißt einen der Song jedoch nicht wirklich vom Hocker.

Auf "Inferno" folgt das melancholische, aber wenig originelle "Mi Amor (feat. Bené)", an dem der französische Feature-Part das Beste ist. "On My Mind" samplet bizarrerweise ziemlich wahllos einen elektronischen Track namens "Skyfall", der nach GEMA-freier Untermalung von Gaming-Videos klingt. Naja.

Auf dem Track "Glizzy Feestyle" liefert Amex Dior im Alleingang einen Gastbeitrag ab – begleitet von Arcade-Synths und verzerrtem Bass. Auf "On Fire feat. Ricky Rich", in dessen Video Dardan und der schwedisch-aramäische Rapper zusammen auf der Terrasse einer Villa mit Meerblick zu sehen sind, folgt "I Don't Wanna Party No More", zu dem auch ein Video erschienen ist: Vloghaft sieht man eine Reise von Dardan und Hava nach Dubai, wo er ihr einen Heiratsantrag macht.

Mit "Raumschiff (feat. Nate57 & Olexesh)" hat sich Dardan noch mal zwei Rapper ins Boot geholt, die für Freude sorgen – aber erst nach einem Skit über schwäbische Polizisten ("Pardy isch zu Ende, Musik aus bidde"), die Dardan den albanischen Captain Kirk nennen und daraufhin die Bestätigung erhalten, dass es sich bei seinem Auto tatsächlich um ein Raumschiff handelt.

Wem bisher alles zu weich war, der kommt jetzt auf seine Kosten: Mit "Prime (feat. Omar)" haben die beiden Stuttgarter Rapper auf 808s zusammengefunden, und von Sensibilität ist nichts mehr zu spüren – auch hier gab es natürlich ein Video.

Gegen Ende des Albums wird die Stimmung wieder sentimental – mit Arc'teryx-Jacke in Albumfarbe sehen wir Dardan im Video zu "Paris" durch die französische Hauptstadt ziehen und mal wieder Vergangenes betrauern. Einige Texte wirken halt so, als hätten fünf Minuten zusätzliche Schreibarbeit Wunder wirken können, während Dardan über unelegante Stellen einfach hinweg dichtet.

Auch auf "Apartment (feat. Monet192)" bleibt es thematisch bei Herzschmerz und Verlust, während "Cloud 7 (feat. Cro)" Entspannung und bessere Laune vermitteln soll. Auf "iPod Nano" folgen noch das ziemlich hochfrequent gesungene "Persian Oud (feat. Jamin)" und "Oktober" – ein etwas melodramatisch-nachdenklich geratener Schlusstrack.

Setzt das Album Maßstäbe? Nein. Erfindet es irgendetwas neu? Wieder nein. Sind in der etwas inflationär geratenen Titelliste dennoch Songs zu finden, die für ziemliche Ohrwürmer sorgen? Auf jeden Fall. Man könnte zusammenfassend sagen, dass die paar guten Tracks auf dem Album die mittelmäßigen in Schutz nehmen und man so das Gesamtwerk nur sehr schwer wirklich schlecht finden kann – nächstes Mal könnte Dardan sich aber in der Auswahl ein bisschen enger fassen.

Trackliste

  1. 1. Controlla
  2. 2. Parfum
  3. 3. Obsessed (feat. RAF Camora)
  4. 4. Noch Bei Ihr
  5. 5. Day & Night (feat. Hava)
  6. 6. Superfreak
  7. 7. Boss (feat. Summer Cem)
  8. 8. Bandita (feat. Noizy)
  9. 9. DNA
  10. 10. Inferno
  11. 11. Mi Amor (feat. Bené)
  12. 12. On My Mind
  13. 13. Glizzy Freestyle
  14. 14. On Fire feat. Ricky Rich
  15. 15. I Don't Wanna Party No More
  16. 16. Raumschiff (feat. Nate57 & Olexesh)
  17. 17. Prime (feat. Omar)
  18. 18. Paris
  19. 19. Apartment (feat. Monet192)
  20. 20. Cloud 7 (feat. Cro)
  21. 21. iPod Nano
  22. 22. Persian Oud (feat. Jamin)
  23. 23. Oktober

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