laut.de-Kritik
Ein recht gutes Surrogat für einen Live-Gig der Holländer.
Review von Olaf SchmidtÜber die Notwendigkeit von Live-Platten kann man weiterhin vortrefflich streiten. De Staat haben sich immerhin vier Alben Zeit gelassen, um ihr erstes Live-Dokument zu veröffentlichen, sieht man von der 2009er DVD "Live At Lowlands" ab. Aber der Markt für Musiker hat sich verändert, heute will jedes Momentum ausgenutzt werden. Und so sind die Niederländer sicher gut beraten, nach dem kleinen Erfolg von "Witch Doctor" nebst spektakulärem Video ihren Namen im Gespräch zu halten.
"Live In Utrecht" zeigt die fünf Musiker als die perfekte Liveband, die man seit einigen Jahren auf vielen internationalen Bühnen begutachten kann. Dankenswerterweise veröffentlichen De Staat ein komplettes Konzert am Stück, anstatt auf einzelne Songs von verschiedenen Gigs zu setzen, wie es manch andere Kapelle macht.
Los legen die Holländer mit einer der letzten Singles, "Peptalk". Und damit kommen wir schon zu einem der Schwachpunkte des Mitschnitts: Die Band aus Nijmegen konzentriert sich auf das aktuelle Album "O". Das ist zwar ganz gut geworden - verglichen mit dem Songmaterial, das sich auf den anderen drei Platten tummelt, aber die schwächste Veröffentlichung von De Staat. Das Debüt "Wait For Evolution" spart man leider komplett aus, "Machinery" wird immerhin mit vier Stücken bedacht. Alle anderen Songs stammen vom besten Album der Niederländer, "I_Con".
Live unterscheiden sich die Songs oftmals leicht von den Studioversionen, was nur für die Band spricht. Alles klingt etwas gröber und direkter, die hörenswerten Versionen von "Time Will Get Us Too" und "Rooster-Man" geben den Songs mehr Raum und spielen mit Dynamik herum. Im Unterschied zu anderen Live-Alben machen die Niederländer auch nicht den Fehler, alles nachzubearbeiten und mit Overdubs vollzuklatschen. Im Gegenteil, "Live In Utrecht" fühlt sich bis auf ganz wenige Momente komplett live an.
Was nicht gut rüberkommt, ist der unterhaltsame Wahnsinn, den diese fünf Verrückten auf der Bühne veranstalten. Wer die Band schon mal live gesehen hat, weiß, was gemeint ist. "Old MacDonald Don't Have No Farm No More" amüsiert zwar auch aus der Live-Konserve, aber es fehlen die tanzenden Menschen um einen herum, es mangelt an Torre Florims ganz eigenem Charisma, an Rocco Huetings exaltierten Bühnenklamotten und seiner generellen Verrücktheit, kurz: an allem, was ein Live-Konzert neben der Musik ausmacht.
"Live In Utrecht" vermittelt einen guten Eindruck davon, wie sich die Band und ihre eigenwillige Auslegung von Rockmusik live anhört. Aber wie sie sich anfühlt, wie die Atmosphäre auf einem De-Staat-Gig ist, wie einzigartig die Musiker auf einer Bühne wirklich agieren, das kann man allerhöchstens erahnen. Lieber beim nächsten Auftritt in eurer Stadt selbst hingehen.
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