laut.de-Kritik
Der Abriss im Club ohne Club.
Review von Eberhard DoblerDer erste Gedanke: Was soll aus dieser Scheibe ohne Gigs bloß werden? Ein Brett zwischen Melodic-Hardcore und Metalcore-Passagen - ohne schweißnasse Körper, dicht an dicht gedrängt, Moshpit, Stagediving? Schwer vorstellbar, denn für nichts anderes als Konzerte ist die siebte Scheibe der US-Truppe Death By Stereo gemacht.
Acht Jahre liegen zwischen "We're All Dying Just In Time" und "Black Sheep Of The American Dream" (2012). Und es wäre ein Livecomeback nach Maß geworden. Dann kam Corona: Konzerte, wie wir sie kannten, waren von einem Tag auf den anderen passé. Unglücklich, wie gesagt, denn Death By Stereos Tank ist randvoll: Hört man Vorabtracks wie "California Addiction" oder "Free Gun With Purchase" kann von eventuellen Ermüdungserscheinungen nach einer langen Albumpause der Hardcore-Veteranen aus Orange County keine Rede sein.
Im Gegenteil: Der Fünfer nagelt den aktuellen Rundling regelrecht ein. Hinzukommt eine im Vergleich zum Vorgänger weniger dumpfe Produktion. Melodiöse Passagen im Wechsel mit dem Knüppel, aber auch mal ein Breakdown- bzw. Halftimepart. Death By Stereo liefern, was der Fan benötigt. Dabei kehrt ein Song wie "I Sing For You (Part Deux)" eher die Metalseite hervor, während das erwähnte "California Addiction" oder "Choose A Side Or Open Wide" im Hardcore-Tempo abgehen. Ausgerechnet letzteres Stück fährt mit cleanen Gitarren im Mittelteil auch noch den zartesten Part der Scheibe auf.
Und natürlich fehlen in kaum einem Song die melodischen Punkrock-Lines (z.B. "Straight From The Inside"). Ähnliches gilt für die klassischen, teils richtig schnellen Gitarrensoli: Dan Palmer und J.P. Gericke verstehen ihr Handwerk genauso wie Drummer Mike Cambra, dem alle Parts leicht von der Hand gehen. Sänger und einzig verbliebenes Gründungsmitglied Efrem Schulz macht zwischen gängigen Shouts im Stile Sick Of It Alls und Klargesang ebenfalls eine gute Figur. Der Mann brüllt, trifft aber auch jeden Ton (die Livehymne "Straight From The Inside").
Inhaltlich bleibt der Zustand der US-Politik unter Donald Trump das Hauptthema, an dem sich Death By Stereo abarbeiten. Der Mittelfinger auf dem Albumcover verdeutlicht es unmissverständlich. Mit dieser Platte sind Death By Stereo auf eine Normalisierung des Konzertbetriebs schon mal definitiv vorbereitet - selbst, wenn Trump mit etwas Glück dann längst Geschichte ist.
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