laut.de-Kritik
Eine dunkle Vorahnung auf den nahenden Winter.
Review von Erich RenzMan könnte Richard Fearless einen modernen Alchemisten nennen. Nach dem letzten Death In Vegas-Album "Satan's Circus" wanderte er vom Vereinigten Königreich in die Staaten aus, um dort Film und Fotografie zu studieren. War das eine geschafft, verantwortete er unter anderem Remixe von Hurts, The Horrors und The Kills. Jetzt ist Fearless hingegen vor allem eines, nämlich wieder zurück mit seinem Kompagnon Tim Holmes.
Die Schnittstelle zum letzten Lebenszeichen von 2004 ist groß, "Trans-Love Energies" schlägt ungeniert Wurzeln im Meditativen. Selbstlos wachsen die Klänge zu Landschaften aus, die wiederholenden Figuren heften sich zu einem durchlaufenden Streifen zusammen. Krautrock, New Wave und Garage garantieren eine Einheit, die so selten zu finden ist. Niemals leicht im Ausdruck, eher mit schwerem Gang, doch stets bleibt vorstellbar, mit diesen zehn Liedern noch eine Nacht vor sich zu haben und dem DJ notfalls eine Empfehlung auszusprechen, wenn es wieder nichts wurde mit dem Clubrepertoire.
Den Albumtitel "Trans-Love Energies" borgte man sich von der gleichnamigen Detroiter Anti-Establishment-Bewegung aus den 60er Jahren. Beim Blick auf Death In Vegas' übrige Diskographie verwundert diese Adaption nicht. Anti-Sein kann freilich auch bedeuten, weder analog noch digital sein zu müssen. Fearless und Holmes heften sich beides ans Revers, denn ihre dualen Fähigkeiten am Arbeitsplatz müssen sie nicht verschweigen.
"Your Loft My Acid" ist jedenfalls ein schummrig-elektronisches Gemisch, bei dem Kraftwerk das Tempo vorgeben und Björk nachzieht. In etwa so könnte man das in die Vergangenheit rückübersetzen. Natürlich sind Kraftwerk jetzt Death In Vegas und Björk die Austra-Sängerin Katie Selmanis, doch der mechanisch-verquere Unterton bleibt.
Überraschend ist, dass diese Gruppe eben nicht nur von Beats und Synthies zehrt, sondern dass sie selbst übersteuerte Gitarren in "Black Hole" und "Savage Love" soweit drangsalieren, bis sie an My Bloody Valentine erinnern. Insgesamt ein willkommener Einstieg in den Herbst, den "Trans-Love Energies" sicher schnell dunkler werden lässt.
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