laut.de-Kritik
Die erste akustische Intimrasur.
Review von Michael EdeleSo, liebe Kinder und andere nur schwer Vermittelbare, gebt fein Acht, der Onkel hat euch eine Geschichte zu erzählen: Früher, als es der Musikindustrie noch gut ging, die CD gerade mal in den Kinderschuhen steckte und der Thrash Metal seinen ersten, großen Schub erlebte, gab es mal eine Band namens Demolition Hammer.
Über deren Debüt äußerte sich ein Redakteur in einer Zeitschrift sehr angetan, was den damals jugendlichen Autor dieser Zeilen dazu veranlasste, den älteren Kumpels so lange auf den Sack zu gehen, bis man vom Bodensee nach Stuttgart fuhr, um sich dort in einem größeren Schallplattenladen ein Album namens "Tortured Existence" anzuhören. Die Rede ist natürlich von Demolition Hammer, und wenn ich ehrlich sein soll, dann hab' ich von den New Yorkern im zarten Alter von 16 wohl meine erste akustische Intimrasur erhalten. Mann, waren das noch Zeiten …
Warum ich hier nun alte Geschichten aus Zeiten ausgrabe, in denen der Euro noch nicht mal in den kühnsten Träumen der europäischen Notenbanken vorkam? Ganz einfach: Century Media haben ebenso tief in der Mottenkiste gekramt und bereits Ende Oktober die beiden Götter-Alben "Tortured Existence" und "Epidemic Of Violence" neu aufgelegt. Damit hat man nun endlich die Möglichkeit, sich die Dinger nicht nur auf Vinyl, sondern im handlichen CD-Format in die Galerie einzureihen.
Was den Gitarrnsound angeht, hätte man das Debüt durchaus noch mal neu mastern können, doch zumindest "Epidemic Of Violence" hat von Randy Burns schon damals einen Klang verpasst bekommen, der sich heute immer noch nicht verstecken muss. Gleiches kann man von den Live-Bonustracks leider nicht behaupten. Die rumpeln in einer Qualität durch die Boxen, dass man sich fragt, ob die vom Lokus der Location aus aufgenommen wurden. Aber letztendlich sind die jeweils neun Tracks auf den beiden Alben auch vollkommen ausreichend.
Vor allem das Zweitwerk verstopfte seinerzeit für Monate die Lautsprecher und kam gerade rechtzeitig raus, als Bands wie Testament, Exodus oder Forbidden massiv zu schwächeln begannen. In einer Zeit, in der aggressiver, direkter Thrash kaum mehr gespielt wurde, gab "Epidemic Of Violence" dermaßen kompromisslos auf die Schnauze, dass kein Fragen mehr offen blieben.
Wer also schon immer mal wissen wollte, was Anfang der 90er in Sachen Thrash Metal angesagt war und warum der Edele seit der Pubertät jenseits von Gut und Böse ist, sollte sich die beiden CDs nicht entgehen lassen.
1 Kommentar
Totale Abrissbirne, die Scheibe.