laut.de-Kritik

Spirituelles und Weltliches als gleichberechtigte Einheit.

Review von

Der auf dem tunesischen Land aufgewachsene Sänger und Oud-Virtuose Dhafer Youssef zog mit neunzehn nach Wien. Dort absolvierte er ein Studium der Klassik und beschäftigte sich mit hinduistisch beeinflussten Gesängen und Improvisationen, die ein essentieller Teil seiner musikalischen DNA darstellen. Etwa zur gleichen Zeit tauchte er in die Welt des Jazz' ein. Auf seinen bisher sieben veröffentlichten Studioalben als Bandleader näherten sich Orient und Okzident gegenseitig an. Mit "Sounds Of Mirrors" hat sich der 50-Jährige einen langjährigen Traum erfüllt und eine Platte mit indischen Klängen verwirklicht.

Zugleich ist "Sounds Of Mirrors" eine Hommage an die Tabla- und Percussion-Legende Zakir Hussain. Der erwies sich bei den Liveshows des Tunesiers als gleichberechtigter Partner, der die unterschiedliche kulturelle Einflüsse zu einer universellen Einheit zusammenführt. Auch dem hier vorliegenden Album drückt er seinen besonderen Stempel auf.

Der Opener "Humankind", der ein paar gelungene doppelharmonische Spielereien bereithält, gemahnt an das melancholische Flair von "Birds Requiem" und besitzt dadurch etwas Versöhnliches. Auf der 2013 veröffentlichten Platte arbeitete Youssef unter anderem mit dem türkischen Klarinettisten Husnu Senlendirici und dem norwegischen Gitarristen Eivind Aarset zusammen, die beide das Line-Up von "Sounds Of Mirrors" komplettieren.

Es folgt mit "Dance Layan Dance" ein tänzerisches Stück, angetrieben vom rhythmischen Tablaspiel Hussains, das mit sehnsüchtigen Oud- und Klarinettensolos den Hörer in eine geheimnisvolle Welt aus Tausend und einer Nacht entführt. Seine ursprünglichen Wurzeln betonte Youssef aufgrund einer jazzigeren Herangehensweise mit seinen letzten Studioalben aus musikalischer Sicht nicht ganz so konkret.

Trotzdem greift er in "Al Wadood" die Hauptmelodie von "Of Beauty & Odd" vom Vorgänger "Diwan Of Beauty And Odd" von 2016 wieder auf. Zumindest besteht eine gewisse geistige Verwandschaft zu dem Werk, an dem er parallel zu "Sounds Of Mirrors" arbeitete.

Dagegen schraubt sich seine Stimme, die nicht von dieser Welt zu sein scheint, im folgenden "Ruby Like Wine (to Sheikh Muhammed Omran)" in schwindelerregende Höhen, gefolgt von verspielten Klarinettenkapriolen. Dazu unterlegt Aarset die Nummer mit sphärischen Gitarrensounds und verleiht ihr somit etwas leicht Europäisches. In "Like Dust I May Rise (To Shiraz)" agiert er als ambienter Klangtüftler im Hintergrund, während sich die restlichen Musiker an ihren Instrumenten alles andere als in Kunstfertigkeit üben, sondern in Reduktion. Spannung erzeugt der Song vor allem zwischen den Tönen.

Mit der Scheibe begibt sich Youssef auf die Suche nach "inneren Frieden und Weisheit", und es lassen sich immer wieder deutlich spirituellere Bezüge auf der Platte finden, ohne dass das Irdische vernachlässigt würde. Beides bringt der Oud-Virtuose immer noch im Einklang.

Im folgenden "Nasikabhushani (To Zakir)" steht die Lebensfreude im Vordergrund. Wirbelnde Tabla- und Percussion-Klänge sowie leichtfüßige Oud-Melodien ergeben in der Summe ein berauschendes Fest für die Sinne. Der Tunesier, der sich einst in Wien vom Koran lossagte, bleibt in dem Stück letzten Endes seinen weltlichen Prinzipien treu.

Seit "Birds Requiem" hält Youssef an der Tradition fest, für jedes Werk eine eigene, mehrteilige Suite zu komponieren. Auf "Sounds Of Mirrors" fasst diese zuvor gehörte Ideen und Ansätze auf sinnvolle Weise zusammen. "Shaanti - Atithi Devo Bhava - Suite" bildet daher eine meditative Einleitung, die vor allem vom verträumten Spiel Youssefs und Senlendiricis lebt. Danach geht es mit "Chakkaradaar - Atithi Devo Bhava - Suite" in eine schwungvolle Phase über, dominiert von schnellen Tabla-Rhythmen und leidenschaftlichen Klarinettensolos. Dem schließt sich mit "Satya - Satyagraha - Suite" eine atmosphärische Überleitung mit besänftigendem Gesang an. Als krönender Abschluss dieses Vierteilers vermittelt "Satyagraha - Satyagraha - Suite" dank des genialen Zusammenspiels der einzelnen Solisten glaubwürdig das Gefühl eines umherziehenden Migranten, der sich im Inneren ein eigenes, ruhiges Zuhause erschaffen hat.

Dhafer Youssef bleibt nämlich eine rastlose Persönlichkeit und setzt am Ende des Albums mit "Good Morning Mumbai (To Zakir)" der indischen Hauptstadt Mumbai, wo es zum Teil entstand, ein poetisches Denkmal von überwältigender Schönheit. Eine weitere, bombastischere Platte steht auch noch in den Startlöchern. Auf der wirken Jazz-Heroen wie Herbie Hancock, Dave Holland und Marcus Miller mit. Sie erscheint höchstwahrscheinlich 2019. Bis dahin will man als Hörer mit "Sounds Of Mirrors" noch lange durch unerforschte Ethno-Landschaften streifen.

Trackliste

  1. 1. Humankind
  2. 2. Dance Layan Dance
  3. 3. Al Wadood
  4. 4. Ruby Like Wine (to Sheikh Muhammed Omran)
  5. 5. Journey In Bergama
  6. 6. Like Dust I May Rise (To Shiraz)
  7. 7. Nasikabhushani (To Zakir)
  8. 8. Shaanti - Atithi Devo Bhava - Suite
  9. 9. Chakkaradaar - Atithi Devo Bhava - Suite
  10. 10. Satya - Satyagraha - Suite
  11. 11. Satyagraha - Satyagraha - Suite
  12. 12. Good Morning Mumbai (To Zakir)

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