laut.de-Kritik

Trotz Backstage-Wut: Immer Bock auf die Bühne.

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Man kann den Toten Hosen sicher einiges vorwerfen, so einem denn der Sinn danach steht, ob Saufi-Saufi-Liederquatsch, alberne Klamotten oder einen mit fortschreitendem Alter zunehmenden Hang zur Midtempo-Schmonzballade. Wobei ja selbst das olle So-lange-Johnny-Thunders-Lebt ("Wort Zum Sonntag") bereits pures Sentiment war und man 1986 die Faltentiefe der Herren Campino, Breiti, Kuddel und Co. noch nicht einmal erahnen konnte.

Was man ihnen nicht vorwerfen kann, ist mangelnder Unterhaltungswert, Arbeitseifer, Enthusiasmus und der ungebrochene Wille, dieses Ding namens Punkrock irgendwie am Laufen zu halten. Dass sich das in Lebensphasen jenseits der 50 etwas anders gestaltet, als noch zu Zeiten, da man völlig zerschossen aus dem Totenkopf-verzierten Tourbus auf den Asphalt vor irgendwelchen Jugendzentren oder Rockdiscos gespuckt wurde, ist kaum überraschend. Umso interessanter ist es, sich das von ganz nah dran einmal anzusehen.

Cordula Kablitz-Post und Paul Dugdale haben Die Toten Hosen mehrere Monate lang begleitet, und auch wenn die Künstler sich letztendlich wohl nicht vollends hinter den Vorhang schauen lassen, so ist "Weil du nur einmal lebst" dennoch in weiten Teilen sehr nah, authentisch und ungeschönt geraten.

Kein Nachteil sicherlich, dass Campino und Co. im dokumentarischen Kamera-Kontakt keine Rookies sind, im Gegenteil: Schon die WDR-Doku "Nichts als die Wahrheit" von Regisseur Eric Friedler gestattete 2012 sehr emotionale Einblicke ins Innenleben der Band und ihrer Historie. Die Kurzfilme zur "Magical Mystery Tour" 2017 waren in ihrer Hobbyfilmer-Ästhetik sogar noch um einiges verschwitzter und promillehaltiger.

"Weil du nur einmal lebst" bietet von allem etwas: Da sind die täglichen Routinen auf Tour, wie etwa Setlist schreiben, Soundchecks, Warm-Up an der Tischtennis-Platte und das Gläschen hinterher, die Fans, die Techniker, die Musiker selbst - an Tagen wie diesen gemeinsam in the zone. Das ist ohne Schnickschnack und künstliche Überhöhung abgefilmt, in trockenem dokumentarischen Stil.

Je brenzliger, desto interessanter: Etwa als Campino aufgrund seines Hörsturzes ein Konzert absagen muss, während die Crew schon die Waldbühnen-Kulisse aufgebaut hat und sich vor dem Eingang die ersten Fans warmsingen. Die Backstage-Wut über ein verkorkstes In-Ear-Monitoring, was dazu führt, dass der Filmcrew die Tür vor der Nase zugeknallt wird. Oder die Statements von Drummer Vom, der sich auch nach über zwei Jahrzehnten in der Band immer noch ein wenig wie "der Neue" fühlt.

Unterm Strich ein durch und durch unterhaltsamer Film, der wenig an Geheimnissen zu Tage fördert, eine der größten Bands Deutschlands jedoch sehr stimmig als das abbildet, was sie gemeinhin ist: Witzig und kontrovers, enthusiastisch, etwas angejahrt, aber mit ungebrochenem Bock auf ihren Shit.

Trackliste

  1. 1. Weil Du Nur Einmal Lebst

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