laut.de-Kritik
Das Live- und Liebesalbum der Kneipennostalgiker.
Review von Kerstin Kratochwill"Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin", das neue Element Of Crime-Album, ist Soundtrack und Live-Momentaufnahme zugleich. Für den gleichnamigen Dokumentarfilm über die Kultband wurde eigens eine Mini-Tour durch fünf Berliner Spielstätten organisiert, vom kleinen Club bis hin zum großen Open Air. Es gibt bereits Live-Alben von Element Of Crime, schon 1990 erschien "Crime Pays", das die Live-Qualitäten ihrer vier englischsprachigen Platten einfängt. "Live Im Tempodrom" von 2019 umfasste 25 Stücke aus der deutschsprachigen Karrierephase.
Langweilige Best-Of-Pflichtveröffentlichungen waren das alles nicht und auch diese neueste Live-Platte stellt etwas Besonderes dar. Das liegt vor allem an den Locations: Mit dabei waren der legendäre Punkschuppen SO36, der Privatclub, das Lido, der Admiralspalast und die Zitadelle - allesamt Stationen, die irgendwie stellvertretend für die sich schon über Jahrzehnte erstreckende Entwicklung der Band stehen. Nächstes Jahr feiert man 40-Jähriges. Und so haben die Live-Aufnahmen durchaus alle ihren ganz eigenen Charme.
Auf dem Opener "Jung und schön" klingt Sven Regener knarziger und knurrender als sonst, auf dem melancholischen Kneipenlied "Immer nur geliebt" sind der österreichische Musiker Florian Horwath und Tobias Bamborschke von Isolation Berlin zu Gast – letzteres passt perfekt, denn auf deren aktuellem Album ist wiederum Regener dabei und hilft dabei, deren Suffpop zu vollenden.
Vielleicht liegt es daran, dass beide Alben auf demselben Label erscheinen, vielleicht wurde hier aber auch eine Seelenverwandtschaft von neuem Indie-Rock und altem Rock-Chanson zementiert, die schon auf dem letzten EOC-Album "Morgens Um Vier" aufblitzte. Dort zeigte das gemeinsame Duett "Dann kommst du wieder", wie gut der beste deutsche Musikdichter und sein gelehriger Schüler zusammenpassen.
Eine der schönsten Regener-Zeilen ist: "Wir haben keine Lösung, aber Lieder" und davon haben Element Of Crime einige. Auf dem vorliegenden Live-Album finden sich neben langjährigen Fanlieblingen wie "Weißes Papier" oder "Vier Stunden vor Elbe 1" auch die neuen Tracks von dem erwähnten Album ein. Und vielleicht hört man diesen Soundtrack auch erst nach dem Kinobesuch von "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin", inszeniert übrigens von Charly Hübner, der selbst großer Fan der Band ist und deshalb genau die richtigen Fragen stellt.
Dort wird auch klar, warum Element Of Crime ein Phänomen in der deutschen Musiklandschaft ist – nostalgisch und realistisch zugleich, humorvoll und traurig in einem Lied und so schnoddrig und sentimental wie der Kneipenkumpel in Berlin. In diesem Sinn: "Da geht am Ende viel daneben / So wie überall im Leben / Wer nicht mehr stehen kann fällt hin / Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin."
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