laut.de-Biographie
Fjørt
"Jedes Mal, wenn wir eine Platte schreiben, sind wir danach völlig leer, da wir unsere Musen bis auf's Letzte kitzeln und alles aus uns rausholen wollen, was zu dieser Zeit nur möglich ist", erklären Fjørt 2016 dem Smash Mag.
Im Angesicht der daraus resultierenden Musik nimmt man ihnen das ohne Zweifel ab. Fjørt stehen für deutschsprachigen Post-Hardcore, dessen Unterschiede zur amerikanischen Vorlage schwer greifbar sind, der dabei aber nie altbacken klingt. Für eine moderne Spielart, auf die sich von Zeit Online bis Metal Hammer ein erstaunlich breites Spektrum einigen kann.
Und diese Vision besteht offensichtlich seit Tag eins, anders lässt sich die Zielstrebigkeit des Trios kaum erklären. Chris Hell (Gitarre, Gesang), David Frings (Bass) und Frank Schophaus (Drums) finden 2012 in Aachen zusammen - und läuten ihren Werdegang noch im selben Jahr mit der EP "Demontage" ein. Das Debütalbum "D'Accord" erscheint zwei Jahre später bei This Charming Man Records, jener geschmackssicheren Talentschmiede, die u.a. Messer, Kadavar oder den Nerven als Karrieresprungbrett diente.
Wie genannten Bands legt der anschließende Aufschwung offenbar auch Fjørt einen Umzug in größere Strukturen nahe: Bereits den Nachfolger "Kontakt" holt sich die von Thees Uhlmann, Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff in Hamburg gegründete Indie-Firma Grand Hotel van Cleef in den Katalog.
TCM-Inhaber Chris Weinrich über den geplanten Label-Wechsel aufzuklären, sei "einer der härtesten Anrufe seines Bandlebens" gewesen, so David Frings. "Weil Chris einfach so viel für diese Band getan hat und auch weiter getan hätte. Er hatte vollstes Verständnis, aber geil fühlte sich das nicht an."
Doch der Schritt scheint sich rasch auszuzahlen, zumindest wenn man Erfolg an Publikumszahlen misst: Die Tour zum Anfang 2016 veröffentlichten Zweitling erfreut sich großem Ansturm und findet teils in ausverkauften Venues statt.
Entsprechend beflügelt geht die Band-Fan-Beziehung in die nächste Runde, als Fjørt schon ein Jahr später mit "Couleur" nachlegen. 2018 und 2019 stehen dann ganz im Zeichen der energetisch-schwitzigen Liveshows, mit denen sich das Trio eine immer größere (und treuere) Fanbase erspielt.
Vor und während der Corona-Pandemie wird es still um die Aachener. Entsprechend euphorisch, aber auch nicht ohne Sorge blicken Fans einer 2022 angekündigten größenwahnsinnigen, aber auch endgültig anmutenden Aktion entgegen: Ein Tag. Alle Platten.
Der Name ist Programm. In Köln und Hamburg spielen Fjørt jeweils vier Konzerte in vier unterschiedlich großen Venues. Am Ende lichtet sich der Vorhang und die Fanbase starrt erleichtert ins sprichwörtliche "Nichts" – denn diesen Namen trägt das vierte Studioalbum, das im November 2022 erscheint.
"Nichts" erweitertet den Post-Hardcore der Band um einige entscheidende gesangliche und instrumentale Nuancen. Doch das lyrische Futter für ihre ekstatischen, bisweilen aggressionsgeladenen Stücke suchen Fjørt auch weiterhin in Zwischenmenschlichkeiten wie auch im übergeordneten Geschehen. Immer wieder im Zentrum: der unübersehbare Aufstieg des deutschen Rechtspopulismus. "Am Ende des Tages wollten wir uns auskotzen."
1 Kommentar
Fjørt stehen momentan auf Platz 1 meiner Lieblingsbands dieses Jahr. Ich kann mich einfach nicht satt hören an der Musik. Nach dem sehr intensiven Konzert in der Reitschule in Bern wollte ich die Jungs unbedingt nochmal erleben und werde am 23.01. im Karlsruhe dabei sein. Kann es kaum erwarten und empfehle jedem diese Band einmal live zu sehen!