laut.de-Kritik
Spanisch für Anfänger und Fortgeschrittene.
Review von Eberhard DoblerNach dem englischsprachigen Album "Unwrapped" wendet sich die Königin des Latin-Pops einmal mehr (vergleiche "Mi Tierra" oder "Alma Caribena") der musikalischen Tradition ihrer Heimat zu. Die in Miami ansässige Exil-Kubanerin kehrte dem gängigen Pop den Rücken und huldigt mit in spanischer Sprache neu aufgenommen Songs dem Sound Kubas sowie berühmten einheimischen Musikern.
Letztere lud sie gemeinsam mit Ehemann und Produzent Emilio Estefan gleich in Kompaniestärke (Johnny Pacheco, Chocolate, José Feliciano oder Arturo Sandoval) ins Studio, wie die Bookletbilder dokumentieren. Herausgekommen ist ein Album, das über die lange Distanz bei aller Eingängigkeit auch anstrengt - zumindest wenn Son, Salsa oder artverwandte percussionslastige Latin-Sounds nicht permanent im CD-Player des Hörers rotieren.
Melodiös, extrem rhythmisch und handgemacht tönen die 14 Songs aus den Boxen: Akustik- und E-Gitarren, reichlich Schlagwerk (Bongos, Congas, Timbales und Blech), dazu Klavier, Bläser, Flöten oder Violinen - ein echtes Muckerding. Estefans Gesang klingt im Reigen dieses vielstimmigen Orchesters angemessen eingebettet.
Die Songauswahl hält die Balance zwischen angenehmer Wehmut (die gemächlicheren, balladesken "Yo No Cambiaría" und "Bésame") und purer Lebensfreude ("Refranes" oder "A Bailar") - zarte Ausflüge in Richtung Folklore und Jazz inklusive. Während Santanas Mitwirken auf der stolzen Single "No Llores" natürlich nicht zu überhören ist, klingt einer der besten Tracks, "Morenita", fast clubtauglich - absolut remixwürdig.
Ein lässiges Element im Latin Music-Kontext bleiben die männliche Backing Vocals, die einen spannungsreichen Kontrast zu Estefans Stimme bilden. Unterm Strich könnte man statt anstrengend durchaus anspruchsvoll sagen. Wer über die berühmte Musik-Doku "Buena Vista Social Club" zum Sound Kubas kam, kann ein Ohr riskieren.
1 Kommentar
Hallo Zusammen,
erstes Posting - alte Kamellen
Sehr schöne Platte. Habe sie gestern eher zufällig entdeckt. Gloria Estefan und Familie betreiben ja seit vielen Jahren eine regelrechte "Soundmaschine" mit zahllosen Veröffentlichungen.
Fast sämtlich Pop-Alben sind neben der internationalen Version auch in spanischen Versionen für Süd- und Mittelamerika veröffentlicht worden. Hinzu kommen einige Scheiben, die sehr folkloristisch sind und - wie diese hier - wahrscheinlich auf Englisch nicht funktionieren würden.
Die Platte gefällt mir nach dem ersten Hören schon sehr gut. Ich bin sicher, sie wird sich bei mir öfter im Player drehen.
Aber Vorsicht: hier geht es schon sehr sehr folkloristisch zu.
Danke auch für das schöne Review, dem ich zustimme. Die musikalische Intensität, die hier geboten wird, kann auch manchmal anstrengen.
Für alle Liebhaber derartiger Musik ein Tipp: Auf halber Strecke zwischen den Extremen, die die Künsterin abzudecken versteht (also zwischen Popalben wie "Coming out of the dark" und dieser Scheibe) liegt die Veröffentlichung "Destiny" wunderschön dazwischen. Ein poppiges Album mit viel akustischer Percussion. Für mich das beste Album von Gloria und eines meiner All-Time-Favorites.
Viele Grüße
sc