laut.de-Kritik
Raritäten des Feierabend-Pianisten aus den 30/40ern.
Review von Michael SchuhSchmal, adrett mit Schlips, pomadensicher und nickelbebrillt sitzt er hinterm Piano, von Pausbacken keine Spur. Wer soll das da im Booklet sein? Heinz Erhardt? Der lustige Dicke mit dem Pfannkuchengesicht aus 60er Jahre-Klamotten wie "Willi wird das Kind schon schaukeln"?
Genau der. "Blödelnd Durch Den Ernst Der Zeit" leitet den Reigen der Veröffentlichungen zum 100. Geburtstag des Filmschauspielers und Brachial-Humoristen am 20. Februar ein und wendet sich ausschließlich an ein zotenuninteressiertes Publikum.
Das Album beinhaltet 14 größtenteils unveröffentlichte Schlager-Kapriziosen, die Erhardt in seiner Zeit als Feierabend-Pianist im Dritten Reich und der frühen Nachkriegszeit komponierte, also lange vor seinem Durchbruch.
Höhepunkte der angesichts ihres Alters gut erhaltenen Tonaufnahmen ist sicherlich "Mein Mädchen", das erst kürzlich vom Erhardt- und Swing-Fan Bürger Lars Dietrich im Duett mit Götz Alsmann in "Zimmer Frei" intoniert wurde. Apropos Götzi: Erhardts Tempo-Schlussspurt in selbiger Nummer würde auch für den Münsteraner Wortakrobaten eine echte Herausforderung darstellen.
Ebenfalls dabei ist eine Frühfassung des späteren Filmhits über einen Namensvetter des Kaisers Agamemnon, der nach der griechischen Mythologie den Tod im Bade fand: "Warum habs grade ich so schwer? / Ich seh' doch gar nicht aus wie der / Mir fehlt sein Geist und die Figur / Warum, warum denn nur? / Ich heiße Agamemnon / Aga aga aga Agamemnon / Dieser Name ist nicht schön / Sie werden es verstehn / Ich möchte ins Wasser gehn".
Den nur mit Klavier intonierten Kabarett-Chansons wohnt in fast jeder Zeile bereits jener Schalk inne, mit dem Sprachdrechsler Heinz etwas später die Republik erobern sollte. Raritätenbonus wohnt der am 11. September 1942 (!) über den Reichssender Berlin geschmetterten Version von "Sie Wohnt Im 3. Stock (Luisenstraße 13)" inne, die ältere TV-Version von "Mein Mädchen" (1939) wurde bereits veröffentlicht.
Wem diese Sammlung zu speziell ist, darf sich zu Erhardts Geburtstags-Jubiläum über zahlreiche Sampler mit den späteren Kalauern freuen, darunter die Doppel-CD "100 Jahre Heinz Erhardt - Das Beste".
10 Kommentare
klingt nach einem hochinteressanten musikhistorischen dokument.
Warte noch vielleicht 20 Jahre ab, dann steht es bei Amazon unter der Rubrik "Musikethnologische Feldaufnahem".
Die Scheibe ist sicher interessant für Leute, die mit dem Typus Komödiant, welchen Erhardt wie kein zweiter verkörperte, auch etwas anfangen können.
Also kommt die CD gerade recht als Geburtstagsgeschenk in März für den Schwiegerpapa.
Ansonsten gibt es niemanden im Familien- und Verwandtschaftsumfeld, dem ich dieses Werk aufs Auge bzw. aufs Ohr drücken könnte. Mich eingeschlossen, obwohl ich niemals an der Ikone Erhardt rütteln werde. Er hatte seine Verdienste und gut isses.
Genialer Typ, Wortakrobat erster Klasse. Bin leider eher mit Filmen und Bühnenzeugs vertraut.
Sollte man sich vielleicht mal genauer anschauen.
Kennt ihr das, wenn ihr euch manchmal zu jung für euren Musikgeschmack fühlt?
Genau so sieht's aus.
Als Schauspieler völlig unwitzig. Da tropft dieser spießige Muff dieser Jahre aus jeder Pore. Ich mag nicht mal wenn er seine eigenen Gedichte rezitiert.
Aber zum Selberlesen sind sie großartig!
Mein ewiger Klassiker:
Der Kabeljau
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt ein Kabeljau.
Da kommt ein Hai von ungefähr
ich glaub von links, ich weiß nicht mehr,
verschluckt den Fisch mit Haut und Haar,
das ist zwar traurig, aber wahr.
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt kein Kabeljau.
@matze73 («
Mein ewiger Klassiker:
Der Kabeljau
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt ein Kabeljau.
Da kommt ein Hai von ungefähr
ich glaub von links, ich weiß nicht mehr,
verschluckt den Fisch mit Haut und Haar,
das ist zwar traurig, aber wahr.
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt kein Kabeljau. »):
Ist der denn jetzt von Heinz Ehrhardt, oder hast Du dir den ausgedacht?
@matze73 («
Genau so sieht's aus.
Als Schauspieler völlig unwitzig. Da tropft dieser spießige Muff dieser Jahre aus jeder Pore. Ich mag nicht mal wenn er seine eigenen Gedichte rezitiert. »):
Trifft ziemich meine Ansicht über den Mann. Nähere Ausführungen darüber erspare ich mir, man könnte sonst auf die Idee kommen, ich würde den Schauspieler HE verunglimpfen...vorsichtig ausgedrückt.
@matze73 (« Aber zum Selberlesen sind sie großartig!
Mein ewiger Klassiker:
Der Kabeljau
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt ein Kabeljau.
Da kommt ein Hai von ungefähr
ich glaub von links, ich weiß nicht mehr,
verschluckt den Fisch mit Haut und Haar,
das ist zwar traurig, aber wahr.
Das Meer ist weit, das Meer ist blau
im Wasser schwimmt kein Kabeljau. »):
Ich kenne dieses Klassiker selbst nicht, aber er liest sich schon sehr typisch nach HE an.
Man mag es als Klassiker bezeichnen, aber wirklich "gut" ist es nach meiner Ansicht -auch vorsichtig ausgedrückt- nicht.
Solche Zeilen halte ich für "klassische" kommödiantische Wirtschaftswunderzeitstilblüten, da schüttelts mich schon ein wenig....Nierentischreime eben.