laut.de-Kritik
Weder Fisch noch Fleisch: Gefangen in der Identitätskrise.
Review von Dominik Kautz"Mit diesem Album versuchen wir, Hollywood Undead ganz neu zu definieren", erklärt Sänger und Bassist George 'Johnny 3 Tears' Ragan die Herangehensweise an den Nachfolger des stark poplastigen, vor drei Jahren veröffentlichten "V". Anders will man klingen auf der sechsten Platte "New Empire, Vol. 1", ein neues Kapitel damit aufschlagen. Sich abheben von den Vorgängern, aber dennoch fließend an das bisherige Soundgemisch aus Metal, Rock, Hip Hop und Rap anknüpfen.
Zweifel an der bedeutungsschwangeren Ankündigung der Kalifornier weckt jedoch bereits das eröffnende "Time Bomb". Von der ersten Sekunde an spielen Hollywood Undead alle Trademarks aus, die den Sound der Band definieren: Ein mehr oder weniger druckvolles Nu Metal-Riff, gerappte Strophen sowie gesungene Refrains mit eingängigsten Melodien und uninspirierten, ausgelutschten Textzeilen wie: "I just wanna live before I die."
In der Empowerment-Hymne "Heart Of A Champion" wendet sich das Quintett selbstbewusst an alle im sozialen Dschungel dieser Welt gefangenen Kämpfer. Die Wertschätzung eines jeden Lebens zu betonen, mag löblich und richtig sein, sollte aber immer mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit verbunden sein. "Compare me to none / I got the heart of a champion" wirkt da einfach zu trotzig und zu platt.
Musikalisch gesehen funktioniert der Song leider nach dem gleichen Schema wie der Opener, bietet aber, als zusätzliche Elemente, einen fast durchgängigen Keyboard-Loop und "whoaooaoo" Chöre. Spätestens jetzt setzt Stagnation ein, da man im glattgebügelten Einheitsbrei vergeblich nach einem Höhepunkt sucht. Die folgenden Linkin Park-lastigen Songs "Already Dead" und "Empire" reihen sich in diesen Eindruck nahtlos ein. Mitreißende Steigerungen? Im Falle der Untoten aus Hollywood leider Fehlanzeige!
Besonders bei "Empire" bestätigt sich dieses Bild. Trotz des einleitenden Riffs, aus dem sich eine durchaus akzeptable Nummer basteln ließe, zerstören Hollywood Undead dessen Wirkung sowohl mit den Autotune unterlegten Raps der Strophe, als auch mit einem blassen, allzu poppigen Refrain, der wie ein nicht zündender Böller an Silvester einfach verpufft und gähnende Langeweile verbreitet.
Etwas gefestigter, rockiger und erneut mit starkem Linkin Park-Einschlag geht der Fünfer in "Upside Down" zu Werke. Gegensätzlich zur ersten Hälfte des Albums treten die Rap-Parts in den Strophen in den Hintergrund und machen klarem Gesang Platz. Schwächster Part des Songs: Die von Sleeping With Sirens Frontmann Kellin Quinn eingesungene Bridge. Seine nervtötend hochgepitchte Stimme bohrt sich derart unangenehm ins Ohr, das man am liebsten abschalten möchte. Ebenfalls rockig, aber wesentlich eingängiger und mit deutlich mehr radiotauglichem Mitsingpotential kommt "Second Chances" daher, in dessen Pre-Chorus Good Charlotte Gitarrist und Sänger Benji Madden als Feature seine Stimme zum Besten gibt.
Mit dem aggressiv-hysterischen "Killin It" und "Nightmare" packen die Kalifornier noch zwei im Hip Hop angesiedelte Nummern auf die Platte, die sie zum Teil stark mit elektronischen Elementen anreichern. Gitarren sucht man in diesen beiden Tracks vergebens. Vor allem "Nightmare" entpuppt sich, abgesehen von dem erneut stark poppigen Refrain (der frappierende Ähnlichkeiten der Melodieführung zu jenem von Bring Me The Horizons "True Friends" aufweist), überraschend als lupenreiner Rapsong mit starken stimmlichen und stiltechnischen Reminiszenzen an Eminem und dessen Soundalike NF.
Auf "New Empire, Vol. 1" zeigen sich Hollywood Undead anno 2020 als in der Identitätskrise gefangene Band, deren Sound zwischen Rock, Nu Metal, Metalcore, Hip Hop und Elementen des Pop pendelnd weder Fisch noch Fleisch darstellt. Zwar nutzen sie auf ihrer aktuellen Scheibe wieder etwas mehr Gitarren als auf dem Vorgänger, doch scheinen sie innerhalb ihrer aufgeblasenen Produktion selbst nicht recht zu wissen, in welche Richtung sie sich künftig zugunsten ihres neuen Imperiums orientieren wollen.
Das Ziel, "einen völlig neuen Sound zu erschaffen" erreichen sie mit diesem lediglich 32 Minuten dauernden Album keineswegs, eher ein dröges Wiederkäuen von Altbewährtem in leicht reformiertem Gewand. Für Fans mag diese Platte geeignet sein. Alle anderen jedoch sollten um "New Empire, Vol. 1" einen großen Bogen machen und sich stattdessen lieber noch einmal RATMs "Evil Empire" zu Gemüte führen.
3 Kommentare
Das Album weiß wirklich nicht, was es will. Typisches HU Album eben. Allerdings war V nicht poplastiger als der Rest ihrer Diskografie. Die Vorgänger haben immerhin hin und wieder noch Spaß gemacht. Das hier hat wirklich keine Stärken und reiht sich für mich sogar noch hinter Day of the Dead ein.
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Also ich finde es garnicht soooo schlecht, es hat schon ein paar gute sachen, und endlich mal wieder mehr Gitare zu hören.