laut.de-Biographie
Ike Turner
Ike Wister Turner war - auch wenn Gewalt- und Drogeneskapaden den Blick auf das Wesentliche versperren - ein ganz Großer im Musikgeschäft. Als eine Hälfte des kongenialen Duos Ike & Tina Turner stürmte er an der Seite seiner damaligen Frau die Charts auf der ganzen Welt.
Ike kommt am 5. November 1931 in Clarksdale in Mississippi zu Welt. Sein Eintritt ins Musikgeschäft verdankt er einem Job als Liftboy im heimischen Clarksdale, bei dem er als Achtjähriger ausgerechnet in dem Gebäude seinen Dienst versieht, in dem auch der lokale Radiosender seinen Sitz hat. Als der zuständige Moderator einmal keinen Bock hat, die ganze Zeit vor dem Regler zu sitzen, bittet er einfach den kleinen Ike, die zuständigen Knöpfchen zu betätigen und verdrückt sich in die gegenüberliegende Kneipe.
Turner macht daraufhin die harte Schule durch und buckelt sich vom Boxen schleppenden Stagehand hoch bis zum Musiker und Produzenten. In den späten 1940er Jahren gründet er die Formation The Kings Of Rhythm, mit denen er 1951 in den legendären Sun-Studios den Titel "Rocket 88" aufnimmt, von dem Musikhistoriker behaupten, dies sei die allererste Rock'n'Roll-Platte der Geschichte. Der Titel erscheint jedoch nicht unter Turners Namen, sondern unter dem Pseudonym Jackie Brenston And His Delta Cats; Brenston ist der Sänger und Saxophonist, aber Ike schreibt den Song.
Mit seinen Kings Of Rhythm gelangt er zu lokalem Ruhm, mehr ist erst einmal nicht drin. Ike verlegt sich darauf, für Labels wie Chess und Modern als Scout durch die Gegend zu fahren, um hoffnungsvolle Talente auszuspähen, darunter so klangvolle Namen wie Howlin' Wolf, Andre Williams, Sonny Boy Williamson, Elmore James und Otis Rush, die er auch öfters an Gitarre und Piano begleitet.
1957 lernt er die Junge Anna Mae Bullock kennen, die erst kurz zuvor aus Nutbush nach St. Louis zieht. Die junge Anna ist eine glühende Verehrerin von Ike und bittet und bettelt darum, einmal für ihn singen zu dürfen. Sie gibt einen Song von B.B. King zum Besten, woraufhin Ike sie postwendend als Backgroundsängerin engagiert. Ein Jahr darauf läuten schon die Hochzeitsglocken, und Ike tauft Anna Mae schlicht in Tina um. Fertig ist das Duo infernale Ike & Tina Turner.
Ike benennt seine Kings Of Rhythm nun Ike & Tina Turner Revue und landet mit "A Fool In Love" einen veritablen Hit. In der Folge verlegt sich das Paar darauf, seine Performance mit sexuellen Anspielungen aufzupeppen. Mit leidlichem Erfolg. Der große Wurf bleibt zunächst aus, auch wenn die beiden mit der von Phil Spector produzierten Nummer "River Deep, Mountain High" in England einen Top Ten-Hit verbuchen können. In der Heimat sind sie nach wie vor eher semi-prominent.
Das ändert sich erst, als Ober-Rolling Stone Mick Jagger Tinas Tanzschritte für seine eigene Bühnenshow kopiert und das Paar bittet, bei der Stones-Tour 1969 in deren Vorprogramm aufzutreten. Die Konsequenz ist eine ganze Reihe von Hits, die Ike & Tina daraufhin landen können. Die Singles "Bold Blue Sister", "The Hunter", "Come Together", "I Want To Take You Higher" sowie die Alben "Come Together", "In Person", "River Deep, Mountain High" sind 1970 sehr erfolgreich.
Abseits der Bühne kommt es vermehrt zu Vorfällen, die schließlich zur Trennung des Duos Ike & Tina führen. Der Macho von Gottes Gnaden, der in aller Öffentlichkeit zugibt, sich durch fremde Betten zu vögeln, hält sich seine Ehefrau als Quasi-Maitresse. Ike ist sich auch nicht zu schade, dieser des öfteren sein Weltbild per Faust zu vermitteln. 1976 ist es dann so weit. Tina flüchtet blutüberströmt mit einer 36 Cent-Barschaft und einer Kreditkarte in der Tasche aus einem Hotel in Dallas.
Tinas Martyrium ist damit aber noch nicht zu Ende, denn Ike droht ihr erst mit Mord und kündigt auch noch an, das Haus abzufackeln, in das sie sich zurück zieht. Die 'Überredungsversuche' fruchten nicht wirklich, so dass die Ehe am 29. März 1978 offiziell geschieden wird. Ihr Haus verlässt die Sängerin nur noch mit einem 38er Revolver im Gepäck, sie muss ihren Lebensunterhalt zunächst von der Wohlfahrt bestreiten, denn das gemeinsame Tonstudio ist in den Händen des Ex-Gatten.
Während Tina aber in den 80ern ein beeindruckendes Comeback gelingt, gleitet Ike auch aufgrund exzessiven Kokain-Konsums immer weiter ab. 1982 brennt sein Studio ab, 1985 landet er wegen Kokainbesitzes vor dem Kadi. Ein weiteres Mal 1988, ehe die Gerichte 1991 die Schnauze voll haben und ihn nicht mehr mit Bewährung davonkommen lassen. Von den vier Jahren, die er eigentlich einsitzen müsste, verbüßt er lediglich 18 Monate.
1991 werden Ike & Tina Turner in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen, und so langsam aber sicher scheint der Rüpel wieder in die Spur zu kommen. Er tut wieder das, was er am besten kann, nämlich Platten aufnehmen. 2001 veröffentlicht er "Here & Now", das ihm sogar eine Grammy-Nominierung einbringt. 2004 erhält er von der NARAS (National Academy Of Recording Arts And Sciences) den Heroes Award.
2005 gibt er auf dem Gorillaz-Album "Demon Days" ein Gastspiel und spielt auch auf deren Tour beim Song "Every Planet We Reach Is Dead". Für das Album "Risin' With The Blues" kann er dann endlich den erhofften Grammy in der Kategorie 'Bestes Traditionelles Blues-Album' einsacken. Anschließend kollaboriert er für einen Song mit den Garagen-Bluesern der Black Keys, bei dem Gorillaz-Produzent Danger Mouse an den Reglern sitzt.
Am 12. Dezember 2007 stirbt Ike Turner 76-jährig in seinem Haus im kalifornischen San Marcos an einer Überdosis Kokain. Laut der Gerichtsmedizin in San Diego trugen außerdem ein Lungenemphysem sowie eine Herz- und Gefäßerkrankung zum Tod bei. Die Grabrede hielt Phil Spector, der sich abfällig über die angeblichen Verunglimpfungen Turners durch dessen Ex-Frau Tina beschwerte und ausgiebig Ikes Genie pries. Tina Turner äußerte sich nicht und ließ über ihr Management lediglich verlauten, sie habe seit Jahrzehnten keinen Kontakt zu Ike gehabt.
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