laut.de-Biographie
Jimmy Martin
Die Geschichte von James Henry Martin, wie Jimmy Martin mit vollständigem Geburtsnamen heißt, ist die Geschichte des amerikanischen Traumes. 1927 geboren als Farmersohn in Sneedville, einem Örtchen im Osten von Tennessee, spielt sich Martin ganz nach oben, singt in der Band von Bill Monroe, gründet später Jimmy Martin & The Sunny Mountain Boys, tritt in Nashvilles Country-Himmel, der Grand Ole Opry, auf und darf sich mit dem unbestrittenen Titel 'King Of Bluegrass' schmücken.
Die Verhältnisse, in denen Jimmy Martin aufwächst sind ärmlich. Die Eltern bewirtschaften eine kleine Parzelle und der kleine James muss von Kindheit an bei der Feldarbeit helfen. Die Zeit bei der harten Arbeit vertreibt er sich mit singen. Noch als Kind baut er sich aus einer Zigarrenkiste und einigen dünnen Fäden seine erste Gitarre, die er fortan ständig dabei hat. Aus dem Radio kennt er die Songs von Bill Monroe. Die spielt er auf der Gitarre nach, möchte es seinem Idol gleich tun.
Er spielt bei Radiosendern in der Nähe seiner Heimat vor und sammelt dort erste Erfahrungen. Nebenbei arbeitet er als Anstreicher, bis er eines Tages, so will es die Legende, wegen seines ständigen Singens bei der Arbeit vom Chef gefeuert wird. Martin, schon immer ein sturer Dickkopf, sieht das alles nicht so tragisch und fährt nach Nashville, wo sein Idol Bill Monroe sich gerade nach einem neuen Gitarristen umsieht. Im Alter von 22 Jahren spielt er 1950 bei Monroe vor und bekommt den Job. Vier Jahre bleibt Martin an der Seite seines Vorbilds, nimmt 46 Singles mit ihm auf, darunter auch Hitsingles wie "On And On" oder "Uncle Pen".
1954 schließt sich Jimmy Martin als Sänger und Gitarrist den beiden Brüdern Bobby und Sonny Osbourne aka The Osbourne Brothers an. Das Gastspiel ist jedoch nur von kurzer Dauer. Nach einem Jahr gründet Martin seine eigene Band, die Sunny Mountain Boys und versammelt um sich herum einige der talentiertesten Musiker der Country- und Bluegrass-Szene. In endlosen Übungssessions drillt der Perfektionist Martin seine Musiker, prägt mit seinem hohen Gesang und der aggressiv in den Vordergrund gestellten Gitarre die Entwicklung von Bluegrass bis zum heutigen Tag.
Die Musiker seiner Band leiden zwar an der Unnachgiebigkeit ihres Chefs, erreichen dadurch aber auch ein Level musikalischer Perfektion, das sie zu den besten ihres Fachs macht. Ob Banjospieler J.D. Crowe, Vic Jordan, Bill Emerson oder Mandolinespieler Paul Williams, sie alle bringen es weit, machen Karriere und sind heute beinahe so legendär wie Jimmy Martin selbst. 1956 unterschreibt Martin einen Vertrag mit Decca, was für ihn ein wichtiger Schritt auf dem Weg nach oben ist.
Mit seinem Vocalbluegrass spielt er sich von Nashvilles Grand Ole Opry in die Herzen vieler Amerikaner. Hauptsächliches Medium dieser Jahre ist das Radio. Wer es zu etwas bringen will muss von den Radio-DJs gespielt werden. Martin läuft auf Heavy Rotation. Wöchentliche Live-Shows wie der Louisiana Hayride oder Wheeling Jamboree öffnen während der 60er Jahre die Ohren eines Mainstream-Publikums für Jimmy Martins Bluegrass.
Ein Anachronismus für den der Sturkopf Martin verantwortlich zeichnet. "When I went to the Louisiana Hayride, they told me I'd better get rid of the banjo und get me an electric guitar, 'cause Elvis was tearin' that music to pieces when he was at the Louisiana Hayride", erinnert sich Martin. Doch der wäre nicht er selbst, würde er sein Fähnchen opportunistisch in den Wind hängen. Das Banjo bleibt und Songs wie "Hit Parade Of Love" gehören bald zum amerikanischen Allgemeingut.
Ende der 60er Jahre unterstützt Martin den aufkommenden Bluegrass-Festival-Zirkus. 1971 kommt mit dem Album "Will The Circle Be Unbroken" von The Nitty Gritty Dirt Band, einer Allstar Hommage an Country und Bluegrass, ein weiterer Popularitätsschub für Martin. In den 80er Jahren gründet der Tennessee Boy sein eigenes Label, das er ganz unbescheiden nach seinem Spitznamen benennt: King of Bluegrass.
Selbst mit weit über 70 Jahren tritt Jimmy Martin noch immer live auf, auch wenn ihn der Kampf gegen den Krebs etwas einschränkt. 2000 dienen Jimmy Martin & The Sunny Mountain Boys den Coen-Brüdern als Vorlage für ihre Südsstaaten-Komödie "O Brother, Where Art Thou?". 2004 würdigt der Film "King Of Bluegrass" die Verdienste dieses halsstarrigen Musikfanatikers in einem persönlichen Porträt. Der Soundtrack zum Film erscheint beim Chicagoer Label Thrill Jockey und macht Martin auch bei einer Hörerschaft bekannt, die bisher wenig mit dem Begriff Bluegrass verbinden konnte.
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