laut.de-Kritik

Was ist von einem Mann zu erwarten, der mit Rosenstolz auf Tour geht?

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Sympathisch war es ja schon, wie Jimmy Somerville kürzlich in einer dieser schlechten Kabel 1-Neuauflagen der legendären Formel Eins-Show über die Casting-Bands der Neuzeit ablästerte. Natürlich wissen wir alle selbst, dass der Großteil davon aus gut aussehenden, jungen, talentlosen Dingern besteht, die nicht kapieren, oder gar nicht kapieren wollen, dass sie nur als Spielball für die profitgeile Industrie herhalten müssen, die ihrerseits schon vor der Vertragsunterzeichnung den finalen Arschtritt galore plant, der sämtliche Küblböck-Gurken schonungslos zurück ins wahre Leben wuchtet.

Jimmy wählte für diese unmenschliche, aber eben gängige Praxis der Medien-Selektion galante Worte, die ihm durchweg Sympathiepunkte einbrachten. Den untersetzten Schotten nun als gut aussehend zu bezeichnen, dürfte schwierig werden, jung ist er jedenfalls nicht mehr, und mit dem Talent ist es so eine Sache: Seine Erfolge, die er vor gut 20 Jahren in Bands wie Bronski Beat und The Communards feierte, sind (plötzlich wieder) unvergessen. Aber was darf man von einem Mann erwarten, der ohne Scham auf so genannten 80s Revival-Shows neben Bananarama oder Fancy (ja, der!) auftritt und mit Rosenstolz auf Tournee geht?

Zumindest steht Somerville felsenfest zu seiner Vergangenheit, was sicherlich damit zu tun hat, dass seine Songs heute oft immer noch so klingen, als wäre draußen 1984. Auf "Home Again" rummst es dann schon mal ein bisschen mehr, wie es eben rummst, wenn man eine Jam & Spoon-Hälfte ins Studio reinlässt ("Could It Be Love"). Selbst wenn die Sounds oftmals platt, weil nur noch in Trance-Produktionen üblich, aus den Boxen knödeln, Somervilles Pop-Gespür ist allerorten spürbar, und führt auch mal zu schönen Songs ("Under A Lover's Sky", "Burn").

Leider gibt es aber auch Nummern wie "It Still Hurts" (oh ja) oder ausgerechnet das Depeche Mode-Cover "But Not Tonight", dessen stumpfe Kirmes-Bassdrum jegliche Innovation gnadenlos niedermäht. Nun ja, Jimmy liebt nun mal den luftigen Popsong genau so wie die luftigsten Tonhöhen. Da lässt man bei der Soundbearbeitung schon mal Fünfe gerade sein. Der kleine Schotte kann jedoch, ähnlich wie die Kollegen von Erasure, gerade im homosexuellen Milieu auf eine treue Fangemeinde zählen, die ihm sicher auch hier einiges nachsieht.

Trackliste

  1. 1. Could It Be Love
  2. 2. Under A Lover's Sky
  3. 3. Come On
  4. 4. It Still Hurts
  5. 5. It's So Good
  6. 6. Burn
  7. 7. Ain't No Mountain High Enough
  8. 8. I Will Always Be Around
  9. 9. But Not Tonight
  10. 10. Amnesia
  11. 11. Home Again
  12. 12. What's Your Game?
  13. 13. Selfish Days
  14. 14. Stay
  15. 15. Sing It To Your Heart
  16. 16. Ain't No Mountain High Enough (Björn Wilkes Short Edit)

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