laut.de-Kritik

Kraut-House: Ein Kurztrip in die Galaxis.

Review von

Der galaktische Titel, den sich der französische Produzent Joakim für sein neuestes Album ausgesucht hat, passt eigentlich ganz gut. Denn der Mann, der noch vor wenigen Jahren vor allen Dingen dafür geschätzt wurde, House-Musik mit unverkennbar italienischen Disco-Flair der 80er Jahre zu verbinden, lässt mit "Milky Ways" die Clubkultur hinter sich.

Mit den neuen Stücken tobt er sich vielmehr in verschwurbelten psychedelischen Sphären aus, die man vielleicht am ehesten noch als Kraut-House bezeichnen könnte.

Maßgeblichen Anteil an dieser Einschätzung hat der Opener "Back To Wilderness". Nach einigen Loops mit Kindersingsang eröffnen stoisch stampfende Drums. Dröhnende Bass- und Gitarrenriffs machen den Stilbruch mit seinem bisherigen Veröffentlichungen komplett.

Joakim, der vor dem Computer sitzende Eigenbrödler, hat sich für "Milky Ways" eigens eine Band ins Studio geholt. Mit der baut er acht Minuten lang einen geräusch-durchzogenen Kosmos auf, in dem sich auch die New Yorker Noise-Pioniere von Sonic Youth wohlfühlen würden.

Aber schon mit dem zweiten Stück "Ad Me" rückt Joakim die Dinge wieder zurecht und nimmt die Fährte auf, die er bei beim letzten Maxi-Release 2007legte. Electro, House und Disco sind die deutlich hörbaren Bezugspunkte. Im Gegensatz zu älteren Veröffentlichungen, die in erster Linie ein Joakim-Produkt waren, ist "Milky Ways" als Bandalbum konzipiert.

Drums peppen die elektronischen Beats auf, und das vielschichtige und gleichzeitig abwechslungsreiche Rhythmusgerüst ist einer der großen Pluspunkte des Longplayers. In der Folge oszillieren die Tracks zwischen den beiden Bezugspunkte Disco und Gitarren-Noise oder gehen mitunter auch ganz seltsame Allianzen ein, wie beispielsweise "Fly Like An Apple".

Der Track schmeichelt zunächst dem Tanzbein, unterbricht den gepflegten Workout auf der Tanzfläche aber immer wieder durch schräge Gitarrenakkorde. Es bleibt nicht das einzige Mal auf "Milky Ways", dass Joakim großen Gefallen daran findet, Kontrastmittel zu seinen Track gleich mitzuliefern.

Am Ende hinterlässt das Album zwar einen in gewisser Weise schizophrenen Eindruck. Das ist nun aber der Preis, den man bezahlen muss, wenn man sich als Künstler neuen Interessensphären zuwendet. Mit dem Joakim, der 2007 eine clubbige Remixcompilation, auf der unter anderem seine Arbeiten für Tiga, DJ Mehdi, Clashing Egos und Alter Ego zu hören waren, hat der Joakim 2009 jedenfalls nur noch bedingt zu tun.

Trackliste

  1. 1. Back to Wilderness
  2. 2. Ad Me
  3. 3. Fly Like an Apple
  4. 4. Spiders
  5. 5. Glossy Papers
  6. 6. Medusa
  7. 7. Love & Romance & A Special Person
  8. 8. King Kong Is Dead
  9. 9. Travel in Vain
  10. 10. Little Girl

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