laut.de-Kritik
Der Blumfeld-Sänger würdigt Missy Elliott, Young Thug und Doris Day.
Review von Jasmin LützJochen hat ein neues Album und alle so: Yeah! Es sind aber keine eigenen Stücke und auch keine Coversongs und alle so: Menno! Was für eine Spaßbremse.
Für die Reihe "Coming Home" hat Jochen Distelmeyer einfach mal ein paar Lieblingsstücke zusammengestellt. Sein persönliches Mixtape quer durch die Musikgeschichte. Punk, Hip Hop, Country, Pop und Rock - ein Potpourri der Gefühle. Der Blumfeld-Sänger entdeckt für sich alte Klassiker und neue Hits.
Wie facettenreich Jochens Musikgeschmack ist, hörte man zuletzt 2016 auf seinem Coveralbum "Songs From The Bottom, Vol. 1", auf dem er u.a. Britney Spears und Country-Legende Kris Kristofferson neu einspielte. "Volume One" lässt immer noch auf einen Nachfolger hoffen. Aber jetzt heißt es erst mal mit Distelmeyer auf Entdeckungsreise gehen, dabei war man schon so gespannt, wie Jochen wohl "Minerva" der Metal-Macker Deftones akustisch interpretiert.
Auf "Coming Home" trifft man alte Kumpels, Evergreens, Country-Schmachter, Hardrock-Kram, frische Tanzhits aus den Charts und Pop-Rock-Hymnen aus dem gut sortierten Plattenregal. Jochens musikalische Sozialisation erinnert an vergangene New Wave-Generationen und 1990er Rap-Rüpel, wie Big L. Er präsentiert uns sowohl den gefühlvollen Keuschheitsgürtel Chastity Belt ("Different Now"), als auch den scheppernden "Hirnfriedhof" direkt aus dem Berliner Probekeller von Doc Schoko.
Alles beginnt mit der Punk-Symphony "Nur Ein Tropfen" von S.Y.P.H. Die Solinger kennt man von Songs wie "Zurück Zum Beton", und weil Mitglieder später zu Die Krupps, Fehlfarben oder Mittagspause wechselten. Jochens Haare schüttelt er überraschenderweise nicht nur zu den bereits erwähnten Deftones, sondern auch zu Soft Moon, die einem mit "Burn" die Hirnwände massieren. Aber soooo überraschend ist die Post-Punk-Metal-Liebe nun auch nicht. Schließlich gab es zu Blumfeld-Zeiten immer wieder ordentlichen Gitarrensound. Man höre und erinnere sich an L'état Et Moi.
Künstler aus der Nachbarschaft bringt Jochen mit in diese gesellige Runde, wo er sich ganz wie zu Hause fühlt. Max Müller von Mutter sorgt für rührende Tränen ("Wo Lebst Du Heut") während Andreas Dorau mit seinem Elektro-Hit "Abteistrasse" für den Tanz zuständig ist. Danach passt sich Pharrell Williams mit "Gust Of Wind" schwungvoll in die Dance-Beats ein.
Die aktuellen Radio-Charts behält Jochen stets im Ohr. Erst kürzlich war er zu Gast in Thomas Meineckes "Plattenspieler". In Berlin lädt der F.S.K.-Musiker regelmäßig Freunde oder Künstler ein, gemeinsam hören Gast und Gastgeber die mitgebrachten Songs, ohne sich vorher abzusprechen, und quatschen darüber. Da sind viele Überraschungen garantiert. So hatte Blumfeld-Jochen neben S-Express und Hans-a-Plast, auch die junge Königin der Charts Billie Eilish dabei. Somit entgeht ihm auch die Hip Hop-Queen Missy Elliot nicht ("I'm Better" – feat. Lamb). Und mit dem Remix von "Regen" landet dann sogar doch noch ein echter Distelmeyer auf "Coming Home". Nostalgisch schwärmt er von Hollywood-Lady Doris Day ("Dream A Little Dream Of Me") und setzt der Schauspielerin und Sängerin unbewusst ein musikalisches Denkmal, denn sie verstarb vier Tage vor Veröffentlichung dieser Compilation.
"Coming Home" ist ein guter Beweis dafür, dass Mainstream, Indie, Heavy und Oldies wunderbar harmonieren.
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