laut.de-Kritik

Es gibt für alles eine Lösung.

Review von

Seit ihren ersten musikalischen Gehversuchen als Rap-Parodistin hat sich einiges getan im Kosmos von K.Flay. Zwei Grammy-Nominierungen, Kollaborationen mit Tom Morello und Mike Shinoda, Abschluss und freiwilliger Abbruch eines großen Label-Deals, eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne, Soundtrack-Feature in Hollywood, Touring mit Imagine Dragons ... Kein Wunder, dass auch ihr drittes Album "Solutions" mit einigen Änderungen aufwartet.

"Mit der Zeit wird meine Musik immer depressiver", sagte die Sängerin noch vor einigen Jahren im Interview mit Huckmag. Unter diese Entwicklung zieht sie nun endgültig einen Schlussstrich, denn: "Für jedes Problem gibt es eine Lösung." Mit wesentlich positiverer Grundstimmung als auf dem aggressiven Vorgänger "Every Where Is Some Where" tanzt sie durch die zehn Songs. Mit "Bad Vibes" rechnet sie selbstbewusst ab, durchbricht in "I Like Myself (Most Of The Time)" Social Media-Fassaden ("I see photos of vacations and I know they’re faking laughter") und huldigt der Imperfektion ("Nobody chose to have their face, but you’re stuck with it / So rather than counting my curses I try to stay positive") und genießt in "Ice Cream" kitschige Bubblegum-Lyrik: "You are my ice cream / You make my brain freeze" Die Musik spiegelt die Unbeschwertheit wider.

War man sich früher nicht immer sicher, ob K.Flay gerade Rap, Rock, modernen Lo-Fi/Synthie-Pop oder irgendwas dazwischen praktizierte, zielt sie nun recht eindeutig auf die Kategorie 'Pop'. Elemente verschiedenster Genres findet man freilich immer noch. "This Baby Don't Cry" zieht seine Leichtigkeit aus Handclap-Groove und trockenen Bass- und Gitarrenriffs und klingt dadurch wie eine Bubblegum-Mischung aus Triggerfinger und Bilderbuch. Bei "Sister" vertraut K.Flay auf ähnlich dominanten Bassbeat und euphorische Vocalhooks à la Alice Merton. In "Nervous" träumt sie verliebt auf Keyboard-Soundscapes, während verhalten Hip Hop-Beat und Klavierdetails in den Mix kriechen.

Der variable Umgang mit Stilen und Sounds hebt K.Flay nach wie vor deutlich vom Mainstream-Pop ab. Einen breitwandigen Arena-Refrain wie in "Not In California" hätte ihr Labelboss Dan Reynolds (Imagine Dragons) wohl auch gerne für seine eigene Band verwendet – allerdings ohne die mächtigen Noise-Wände, die sein Zögling durch den Song schiebt. Auch dem keck romantischen "Ice Cream" verleiht K.Flay willkommene Edges, indem sie Distortion über die süßlichen Indie-Melodien legt und Drums, Gitarre und Elektronik mehrfach hart an die Pegelgrenze treibt. Sie und ihre angestammten Produzenten Tommy English und JT Daly (Carly Rae Jepsen) arbeiteten für das Album viel mit analogem Equipment und nutzen dieses, um Grit und Überraschung in im Kern eigentlich sehr aufgeräumte Popsongs zu bringen.

Doch während es K.Flay bei "Bad Vibes" und "Sister" mit vereinten Kräften von produktionstechnischen Kniffen, Songwriting und einnehmender Vocal-Performance gelingt, sofort in ihren Bann zu ziehen, bleiben andere Songs zu blass. Die leicht an M83 erinnernde, Synthie-Nummer "DNA" und die mit Dreampop-Gitarre verzierte Blockbuster-Ballade "Only In The Dark" dümpeln genauso glatt und austauschbar wie der freundlich vor sich hin pulsierende Arena-Pop von "Good News". Besonders an solchen Stellen des Albums wünscht man sich die Spit-Passagen früherer Werke zurück. Doch aufs Rappen verzichtet K.Flay auf "Solutions" nahezu komplett.

Auf ihrem dritten Longplayer etabliert sich K.Flay als Popsängerin. Mit positiv gestimmten, leichten Tunes fügt sie ihrem Portfolio neue Facetten hinzu, verliert aber auch einige. Gerade die punktuell eingestreute Düsternis machten sie auf dem Vorgängeralbum so interessant. "Solutions" ist ein gutes, in mancher Hinsicht unkonventionelles und abwechslungsreich produziertes Popalbum, aber im Songwriting zu glatt gebügelt und gerade im Vergleich mit älteren Werken zu nett. Mal sehen, ob K.Flay künftig auch dafür eine Lösung findet. Spannend bleibt sie allemal.

Trackliste

  1. 1. I Like Myself (Most Of The Time)
  2. 2. Bad Vibes
  3. 3. This Baby Don't Cry
  4. 4. Sister
  5. 5. Nervous
  6. 6. Good News
  7. 7. Ice Cream
  8. 8. Not In California
  9. 9. Only In The Dark

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT K.Flay

2003 hat Kristine Meredith Flaherty die Schnauze voll von sexistischem, schablonenhaftem Rap im Radio. 'So einen Mist, könnte ja sogar ich produzieren', …

2 Kommentare