laut.de-Kritik
Die Ölfässer brennen nicht mehr. Dafür die Tanzfläche.
Review von Andreas DittmannDrei kurze und hohe Töne spielt der Kontrabass, dann geht es los: Im Dreiviertel-Takt poltern Kaizers Orchestra auf die Tanzfläche. Der erste Teil der Violeta-Trilogie verbindet alte Tugenden mit einem Hang zu tanzbaren Pop. Im Gegensatz zum etwas zu sauber geratenem Vorgänger "Maskineri" geht das Sextett aber auch einen Schritt zurück Richtung gutgelaunter Weirdo-Rock à la "Maestro".
Die Herren Kaizer verpassen mit großer Kreativität, jedem Song einen anderen Stil: "Diamant Til Kull" bewegt sich mit sehr Gitarrenlastigen Strophen im Indierock, nur um dann im Interlude auf einmal die Ölfässer und ein Orchester sprechen zu lassen. Der Killer-Track "En For Orgelet, En For Meg" klingt schon fast nach Hip Hop. Sänger Janove Ottesen rappt über der schräg pumpenden Orgel und einem nach vorne treibenden Beat. "Svarte Katter & Flosshatter" könnte mit seinen Bläsern auch der Soundtrack zu einem James Bond Film sein.
Gelegentlich kommt sogar die alte Manie eines "Ompa Til Du Dor" raus. Etwa wenn die Orgel das Gitarrensolo in "Psycho Under Min Hatt" immer wieder mit schiefen Tönen unterbricht. Oder wenn das Schlagzeug in "Femtakt Filosofi" nach Tom Waits Manier im 5/4 Takt rumpelt und die Gitarren der Gesangsmelodie hinterherhetzen. Ihre alten Tugenden wie die stampfenden Drums, die schräge Orgel, das bluesig-rockige Gitarrenspiel und die leicht osteuropäischen Melodien, haben sie nicht vergessen.
Die berühmten Ölfasser schieben Kaizers Orchestra aber weiter in den Hintergrund. In "Diamant Til Kull" oder "Din Kjole Lukter Bensin, Mor" hört man sie noch, ansonsten bleiben sie weitgehend still. Eine wichtige Rolle, wie in den ersten drei Alben, spielen sie schon seit "Maskineri" nicht mehr. Dafür legen die Herren mehr Wert auf Melodien, Dynamik und tanzbare Rhythmen. So gerät "Violeta, Violeta" zu einem wahren Groovemonster, das den Dancefloor in Norwegens Discos füllen wird.
Anfang 2012 wird die Violeta-Trilogie vollendet. Alle Teile sind mit einem roten Faden miteinander verbunden: nicht nur ein Konzept-Album sondern gleich eine Konzept-Trilogie! Der erste Teil erzählt die Geschichte von Violeta und ihren Eltern. Kenneth, Violetas Vater, verlässt mit seiner Tochter die Mutter. Die wird daraufhin verrückt und schwört nach sieben Jahren der Trauer Rache.
Klingt seltsam? Wird noch seltsamer, wenn man sich die Übersetzungen auf der deutschen Fan-Seite durchliest: "Hör nicht auf zu rudern, du musst dein Boot rudern/Bis die Hände bluten und deine Wunden pochen/Überspring den Winter und geh direkt zum Frühling über" Was für ihre Musik gilt, gilt auch für die Texte: Die Herren haben schwer ein Rad ab.
Einziger Kritikpunkt bleibt die Produktion, die mir wie schon bei "Maskineri" etwas zu glatt geraten ist. Es scheppert und kratzt zu wenig im Kaizers-Land. Statt brennenden Ölfässern gibt es dafür aber eine brennende Tanzfläche.
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