laut.de-Kritik
Yallah Yallah, Eko Fresh und Kasalla!
Review von Jakob HertlHerzlich Willkommen zu einer neuen Folge "Unser Planet Erde". Heute mit einer ganz besonders exotischen Spezies: den Kölner*innen. Sie kommen überwiegend im Westen Deutschlands vor und fühlen sich in feuchten Gebieten in der Nähe des Rheins besonders wohl. Überwiegend ernähren sie sich von "Bier" aus Reagenzgläsern. Besonders bei den Männchen löst dies meist einen starken Drang aus, sich im Stadion beim 1. FC Kölle die Seele aus dem Leib zu brüllen.
Und scheinbar beginnt bis auf den Dom einfach alles, was in dieser Stadt Bedeutung hat, mit K: Kölsch, Kamellen, Karneval und natürlich die Band aus der selbsternannten "Stadt met K": Kasalla. Seit 2011 treiben die fünf Jungs den Lokalpatriotismus mit ihrem Kölschrock voran – und das durchaus erfolgreich. Unter anderem Echo-Nominierungen in der Kategorie Mundart sahnte man 2018 und 2014 schon ab.
Die neue Platte "Rudeldiere" knüpft nahtlos an den bisherigen Stil der Gruppe an: simple, poppige Drums, ab und an ein fröhlicher Synthie oder ein melancholisches Akkordeon. Dazu ein Maximum an ungefähr fünf Akkorden, ertränkt in wuchtigen E-Gitarren und insgesamt schön stampfig, damit man beim Karnevalsumzug auch mit zweieinhalb Promille noch mitschunkeln kann.
Wenig spektakulär also, aber trotzdem einfach ehrlich und heimelig, selbst, wenn man wie ich noch nie einen Fuß ins Kölner Stadtgebiet gesetzt hat. Musik eben, die man sich wahrscheinlich nicht zuhause am Esstisch anhören würde, aber perfekt zum Mitgrölen. Vorausgesetzt man versteht, was die mysteriösen Laute bedeuten, die Leadsänger und Co. da von sich geben.
Denn wirklich gerne würde ich an dieser Stelle etwas zum Inhalt sagen, von den Texten verstehe ich aber ungefähr so viel wie bei Interviews von Till Schweiger oder früher bei der Listening Comprehension im Englischunterricht, bei der irgend ein Typ mit indischem Akzent neben einer Flugzeugturbine vom Past Perfect Progressive erzählte.
Textzeilen wie "Saach, wat wör ding Lieblingsleed?" oder Songtitel wie "Pommes Un Champagner" kriege ich noch entziffert. Bei Lines wie "Am Engk jitt et zwei Zoote Minsche" stößt man als Nicht-Kölner dann doch an seine Grenzen. Schade eigentlich, dass es beim Google Übersetzer kein Kölsch gibt. Oder versteht man diesen obskuren Dialekt sowieso nur nach zehn Kölsch intus (umgerechnet etwa vier "normale" Bier)?
Immerhin der einzige Feature-Gast, Kult-Rapper Eko Fresh, kann normal deutsch sprechen: "Du kommst aus der besten Town / So sind hier die Menschen drauf/ Weil keiner hier auf die Herkunft schaut / Schwul, straight, Männer, Frauen, Kanax auch / Yallah Yallah, Eko und Kasalla". Danke, gut. Das kann man wohl auch als den inhaltlichen Konsens der Platte ableiten: Die Kölner sind besondere stolz auf ihre Heimat.
Aber wer will es ihnen auch verdenken, zuhause ists doch immer am schönsten. Und mit "Jröne Papajeie" (???), "Sing Mich Noh Hus" und "Schälsickjung" gibt es zudem ein paar ganz nette Songs, ansonsten kann ich mit der Musik so ziemlich gar nichts anfangen. Aber sie ist auch nicht für Ur-Schwaben gemacht, sondern für diejenigen, denen diese Stadt einfach alles bedeutet.
Und sind wir ehrlich: Wenn hier jemand von Maultaschen, Kehrwoche und Äffle & Pferdle singen würde, wäre ich wahrscheinlich auch voll am Start. Ob waschechte Kölner*innen "Rudeldiere" tatsächlich abfeiern oder sich eher dafür schämen, kann ich schlecht beurteilen. Eine Daseinsberechtigung hat die Mucke von Kasalla aber allemal. Schließlich haben sie auch noch den einen oder anderen wertvollen Tipp parat: "Fleeje kann mer nur, wenn mer sich traut / Hör nie op de Welt bunt aanzomole." Oder so ähnlich.
2 Kommentare mit 2 Antworten
Wie kann man deutscher Muttersprachler und gleichzeitig zu dumm sein, "jröne Papajeie" zu verstehen?
Das ist ein Einstellungskriterium bei laut.de.
Wieso Muttersprachler?
Der Rezensent schreibt doch selbst, dass er aus Schwabestan kommt....
Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.