laut.de-Kritik
Man nennt es wohl reif: Trip-Pop mit Anspruch.
Review von Julian FischerManchmal ist einem die Pop-Welt ein Rätsel. Wer entscheidet eigentlich, was groß wird und was nicht? Liegt es nur daran, wie viel Kohle die Majors in einen Künstler pumpen, wie böse Zungen behaupten? Oder gibt es tatsächlich eine Hit-Formel? Oder zählt am Ende nur der große Name, der auf der Platte steht?
Oder: Welche Songs schaffen es in die Heavy-Rotation der großen Radiosender? Haben Musikredakteure von Mainstreamsendern Angst davor, ihre Hörer zu überfordern? Derlei Fragen und noch mehr drängen sich nach dem Hören der neuen Kat Frankie-Platte auf: Warum läuft zwischen all den Rihannas nicht auch mal eine Kat Frankie? Verdient hätte sie es.
Aber vielleicht will sie es auch gar nicht, tobt sie sich auf ihrer neuen CD doch auch mit experimentellen Ausflügen in die elektronische Musik aus. Gleichwohl streckt die in Berlin lebende Australierin durchaus ihre Fühler Richtung Mainstream aus: Ihre Stimme veredelte etwa die Clueso-Single "Wenn Du Liebst", mit dem Duo Keoma nahm sie am ESC-Vorentscheid teil. Außerdem spielte sie in der Begleitband von Kollege, Freund und Fan Olli Schulz und komponierte für "Schulz und Böhmermann" gemeinsam mit Get Well Soon den Soundtrack.
Auf Bad Behaviour findet sich alles, was eine gute Pop-Scheibe ausmacht: catchy Melodien, eine schöne Ballade, Ohrwürmer, Uptempo-Nummer zum Schwoofen, Sing-A-Longs und das Beste daran: Frau Frankie hat alles selbst gemacht. Versichert zumindest der Promotext. Auch die Vocals auf dem doch sehr stark an James Blake angelehnten Song "Back To Life". Ehrenwort.
Auch an den Synthies dreht sie gerne an den Knöpfchen, was einem Großteil der zehn Songs deutlich anzuhören ist. "Forgiveness" und "Spill" präsentieren sich als Trip Hop-Nummern, die dem Album viel Atmosphäre verleihen. Letzteres könnte am Ende einer Suff-Nacht laufen, während sich langsam die Sonne über die Stadt erhebt.
Der Titeltrack "Bad Behaviour" kommt genauso wie "Swallow You Whole" als astreine Popnummern daher und hier zeigt sie, warum man Kat ein Händchen für gute Melodien attestiert. "Headed For The Reaper" und "The Sun" bringen mit groovy Chorus die müden Knochen noch in Schwung.
Insgesamt präsentiert sich die vierte Platte ziemlich vielschichtig und klingt dabei trotzdem rund. Ja, man mag sich sogar der Floskel 'reif' bedienen. Einzig der Track "Home" wirkt etwas deplatziert: Die doch etwas ausgelutschten Riffs und der flache Klang der verzerrten Gitarre hätten jetzt nicht sein müssen.
1 Kommentar mit 5 Antworten
Wurde mir in den letzten Monaten oft von einer sehr guten Freundin empfohlen. Hab es mit ihren Studio-Sachen dann auch häufiger probiert, der Funke wollte aber nie so wirklich überspringen...
...bis gestern Abend auf dem Pop.Kultur-Festival, und das lag definitiv nicht allein an ihren sympathischen Überraschungsgästen und der Tatsache, dass viele Acts live halt nochmal Erdinger und druckvoller klingen als auf Platte. Besagte Gäste erschienen zahlreich auf Kats Einladung hin, hatten Mal bekanntere, Mal weniger bekannte Namen, wirkten aber alle, als seien sie zur genau richtigen Zeit am richtigen Ort und lieferten durch die Bank weg berührende Interpretationen internationaler Protest- bzw. Revolutions-Songs. Politisch aufgeladen, jedoch nie verstockt oder mit erhobenem Zeigefinger von oben herab präsentiert. Ihre Band ist nach ausgiebiger Tour bestens aufeinander eingespielt und wirkte in den meisten präsentierten Genres authentisch bis hin zu heimisch.
Gespielt wurde also eine Art "Revolutionary Song Revue", in der das Thema Protest Music aus verschiedenen Perspektiven und Genres heraus beleuchtet wurde. Hört sich erstmal sehr verkopft kann und hat sicher Potential, richtig fies in die Hose zu gehen. Hier jedoch wie erwähnt zu keiner Zeit belehrend oder aufdringlich, sondern als würden auf der Bühne einfach nur ein paar Musikerfreunde ne große Party veranstalten, ohne zu vergessen, dass ein bissl politische Message eigentlich nie verkehrt ist.
Sympathisch, wie sich Kat, die sicher die komplette Organisation, Kompilation, Koordination der Gäste etc. übernommen hat, dann in den Stücken selbst oft sehr zurücknahm und die Aufmerksamkeit auf Gastsänger wie Hendrik Otremba (The Messer) oder Y'akoto verlagerte.
Aber auch ihre eigenen Gesangsperformances: Kraftvoll, tonal souverän, niemals aufgesetzt, selbst wenn donnernder Hardcore interpretiert wurde. Auch bei ihr ist diese Liebe zu und das Leben für die Musik omnipräsent.
Nun ist der Funke also zum Lauffeuer geworden, kann nur jedem hier empfehlen, sich Mal bisschen intensiver mit der Musik und der Attitüde von Kat Frankie zu beschäftigen, für mich mühelos Top 3 der besten Performances des diesjährigen Pop.Kultur-Festivals.
Geez, erdiger statt industriell gefertigtes Bierersatzprodukt und bitte, bitte Edith statt Zusatzkommentar!
+1
Für mich der zweitbeste Auftritt nach von Hausswolff.
Solange noch niemand auf den Post geantwortet hat, spricht ja aber auch nicht viel dagegen, nach dem Muster "copy-delete-paste-correct-post again" vorzugehen. 'Ne Editfunktion wäre natürlich trotzdem nicht schlecht.
Ohh toll. Da hat SK mich ja jetzt ganz albern aussehen lassen.