laut.de-Kritik
Plötzlich Prinzessin - und ein bisschen schizophren.
Review von Dani FrommSo allein, wie es sein letzter Albumtitel nahe legte, scheint Kenneth gar nicht zu Haus zu sein. Mindestens zwei Herzen schlagen, ach, in seiner Brust - weswegen sein "Prince Of Belvedair" auch einigermaßen schizophrene Züge trägt.
Dem ausführlich zur Schau gestellten Partytier, dem Fuffies-in-den-Club-Werfer, Champagnerfontänenquell und unermüdlichen Sexprotz, als der Kay One sich zu verkaufen versucht, steht ein (um Welten sympathischerer) enttäuschter, desillusionierter Junge gegenüber, der sich nur in den ruhigen Momenten des Albums ans Licht wagt. Der scharfe Kontrast sorgt allerdings nicht für Würze. Er macht stattdessen beide Charaktere einigermaßen unglaubwürdig.
Um anzuzweifeln, dass ausgerechnet Ravensburg den stinkreichen Über-Playboy ausgehustet haben soll, der in der Maybach-Limousine zwischen Cannes, Sylt, St. Tropez und dem Münchener Promi-Frischfleisch-Schlachthof "P 1" cruist, muss man dort nicht gewohnt haben. Kay One überzeichnet sein Checker-Ego komplett. Mit Absicht, schon klar. Stumpfer Markenfetischismus - "Louis - Gucci - Dior - Prada" - und Selbstabfeierei als die Reinkarnation von Shaggys "Mr. Boombastic" langweilen aber trotzdem kolossal. "Die Einkaufstüten sind so schwer" - wenn sich da bloß niemand einen Bruch hebt! Wohl dem, der sonst keine Sorgen hat.
Die hat Kay Ones aber offenbar: Seine andere Seite, die beispielsweise in "Herz Aus Stein", "I Need A Girl Part 3" oder im Depri-Track "An Tagen Wie Diesen" zutage tritt, möchte man angesichts der plumpen Playboy-Nummer, die er sonst abzieht, ständig bei den Schultern nehmen und bis zum Schädel-Hirn-Trauma schütteln. Wie kann man denn bitte ernsthaft erwarten, an andere als die oberflächlichsten aller Hühner zu geraten, wenn man ständig auf genau diese Jagd macht?
Der Spagat zwischen den Extremen funktioniert einfach nicht. Auch nicht, wenn man darum herum eine phantasievolle Rahmenhandlung spinnt. Die hätte mich, vorgetragen von Sprechern, die wenigstens einen Hauch schauspielerisches Talent besitzen, zwar noch mehr amüsiert. Sie landet aber auch so auf der Grinsereiz-Skala weit oben, so schön debilen Humor verrät das "Plötzlich Prinzessin"-Szenario.
In den Momenten, in denen er die Stereotypen beiseite lässt und die Fäden einer Geschichte spinnt, macht Kay One nämlich plötzlich richtig Spaß. Wenn er - vor adäquater Tanzmusik-Kulisse - von "Renate" erzählt oder sich im trägen Latin-Sound "Unter Palmen" suhlt. Denn rappen kann der Knabe, solide, flüssig - und deutlich ausdrucksstärker als Mentor Bushido, der gleich seine beiden Gastauftritte nutzt, um sein Bambi-Trauma zu tätscheln.
Die musikalische Ausgestaltung, die bis auf zwei Ausnahmen auf das Konto von Beatzarre und Djorkaeff geht, lässt ebenfalls zwiegespalten zurück. "Rain On You" beispielsweise reitet zwar einen schrecklich poppigen Großraumdisko-Schaumparty-Bumms-Beat, pumpt aber trotzdem ungeheuer eingängig unter Kay Ones Flow entlang und zeigt gelegentlich sogar netten Oldschool-Vibe.
Über die Verwendung von AutoTune lässt sich trefflich streiten. Mir persönlich bluten von dem überstrapazierten Effekt halt leider instantan die Ohren, "cha nüüt defür", wie Phenomden sagen würde. Ebenso bleibt mir vermutlich eher verborgen, warum Emory gefühlt zu jeder zweiten Nummer eine kitschige Hookline einschmachten muss.
Repetitiv-Basslastiges mit Chopped & Screwed-Spielereien oder ähnlich unzweideutigen Grüßen aus dem Dirty South - wie "Sportsfreund", "Lagerfeld-Flow" oder "Boss" - laufen mir dagegen auch dann noch gut rein, wenn es inhaltlich um nichts anderes als um Cash, Nutten, Macht, Fame und Sportwagen geht und der Blick auf die Uhr nicht mehr die Zeit, sondern die Zahlungskraft ihres Trägers verrät.
Schade, dass die Instrumentierung der zarteren - um nicht zu sagen sentimentalen - Tracks dann wieder gar so konservativ ausfällt. Zopfig jodelt die E-Gitarre, wenn Kay One Selbstmordgedanken hegt ("An Tagen Wie Diesen") oder mit "Ich Liebe Euch" seinen Eltern Zuneigung zollt. "Herz Aus Stein" geht musikalisch gleich komplett als Popschlager durch, sorry.
Auf einem ohnehin schon elend langen Album hätte man sich die drei Bonus-Bonbons - zweimal wenig originelles Nachtreten in Richtung der Ex plus eine weitere Portion Wunschdenken - gefahrlos sparen können. So aber setzen diese Anhängsel dem zerrissenen Eindruck, den "Prince Of Belvedair" hinterlässt, die Burgerking-Pappkrone auf. Bedauerlich. Das Gefühl, dass Kay One einen bestens hätte unterhalten können, will trotzdem einfach nicht vergehen.
18 Kommentare
1/5. Sorry, ich finde das absolut grauenhaft. Graufenhaft, dass Kay mit DEM Talent eigentlich so viel mehr machen kann als solch eine gequirlte Scheiße.
Ja, die Hooks gehen echt gar nicht, aber ich fand die DVD ganz witzig und ein paar Tracks gehen auch klar, aber leider nur sehr wenige.... Ich habe Saad,Genetikk, SBM 2 und Prince of Belvedair irgendwie alle an einem Tag geliefert bekommen und Prince of Belvedair war defintiv die schlechteste Platte....
Ja, die Hooks gehen echt gar nicht, aber ich fand die DVD ganz witzig und ein paar Tracks gehen auch klar, aber leider nur sehr wenige.... Ich habe Saad, Genetikk, SBM 2 und Prince of Belvedair irgendwie alle an einem Tag geliefert bekommen und Prince of Belvedair war defintiv die schlechteste Platte....
Rappen kann er ja schon, insofern wird es einige schlechtere Platten geben, die als Rap ausgegeben wurden... Die Kommentare hier fußen aber natürlich überraschenderweise vor allem darauf, dass er hinsichtlich seines Auftretens ein absoluter Volltrottel ist und nicht aufsehenerregend viel zu erzählen hat. Ich würde sogar ganz kühn behaupten, er gehört nicht zu den innovativsten Reimschmieden seiner Genres. Wenn in ein paar Generationen über die Musik dieser Zeit gesprochen wird, ist es eher zweifelhaft, dass Kay-Ones Name in aller Regelmäßigkeit seine Erwähnung findet. Werde also trotz Skills wohl nicht reinhören, mir ist er auch zuwider.
"We make the champagne rain on you, that?s just the way we do Bitch, I will "pay for you, so put your hands up" ohoohooooohoo ....
oh meine Güte ...
Ganz nice eigentlich, klar kommerziell, eingängige Hooks usw. und fast nur Partylieder, im geringsten Falle kombiniert mit deepen Herzschmerztracks aber warum nicht besser als ein Straßenrapper der nichts neues zu erzählen hat. Mit 3/5 bin ich einverstanden, auch wenn auf Dauer die Substanz fehlt.