laut.de-Kritik
20 Jahre ohne L7-Album: Wie haben wir das nur ausgehalten?
Review von Alexander CordasErstes Album nach 20 Jahren, zwei Dekaden ohne L7-Output: Wie haben wir das eigentlich ausgehalten? Die Widrigkeiten des Musikgeschäfts ließen den Damen 1999 quasi keine andere Wahl, als den Bettel hinzuwerfen. Zwar gelten L7 als Vorreiterinnen der sogenannten Riot Grrrl-Bands, in Zählbares ließ sich das für sie jedoch nie wirklich umwandeln. Die Kacke hing ihnen fast von Anfang an am Schuh.
Auch beim Comeback haperte es wieder ordentlich: Erst bricht sich Schlagzeugerin Dee Plakas den Arm, kurz danach geht die via Pledge Music auf den Weg gebrachte Crowdfunding-Kampagne aufgrund der Insolvenz der Plattform den Bach runter. All das schöne Geld, das sie von Fans eingesammelt haben: Futsch. Licht am Ende des Tunnels erschien daraufhin in Gestalt von Joan Jett, die die Band für ihr Imprint Blackheart Records signte. Abfahrt!
Die beiden Singles "Dispatch From Mar-a-Lago" und "I Came Back To Bitch" finden sich seltsamerweise gar nicht auf dem Comeback. Stattdessen vereinen elf neue Tracks so ziemlich alles, was L7 in der Vergangenheit so liebenswert gemacht hat. Die Produktion klingt erwartungsgemäß dreckig, doch fehlt dem einen oder anderen Song ein wenig der Druck. Da hätte das Produzenten-Team Norm Block und Nick Launay ruhig eine Schippe Heavyness draufpacken können. Die Covergestaltung reiht sich ebenfalls ins DIY-Geschmocke der Diskografie ein. Lo-Fi in allen Bereichen gilt bei L7 anscheinend immer noch als Markenzeichen.
Balladeskes ersparen uns die Ladys Gott sei Dank auch weiterhin. Midtempo-Stampfer ("Proto Prototype"), Twang-Gitarren ("Stadium West") und ein lupenreiner Punk-Brecher ("Garbage Truck") blasen einem wunderschön durch den Gehörgang. Speziell Letztgenannter fönt manchem altgewordenen Pop-Punk ordentlich den imaginären Iro. Im "Murky Water Cafe" hören wir Anleihen an Link Wrays "Ace Of Spades" und lauschen bissigen Kommentaren zur Generation Facebook und -Tinder. Free Wi-Fi!
Die Macht des Riffs und der Cowbell ist nach wie vor mit L7. Simpel gestrickter Hi-Energy-Rock zeichnet das Power-Quartett aus, mehr will der geneigte Fan auch nicht. Diese Vorgabe erfüllen Donita Sparks, Suzi Gardner, Jennifer Finch und Dee Plakas zur Genüge. Ausfälle bietet "Scatter The Rats" nicht. Mit "Uppin' The Ice" serviert der Vierer aus Los Angeles zum Ende hin sogar noch einen veritablen Klopper. Hämmernde Beats, sägende Gitarren und ein Gesang, der sich dem vehementen Rhythmus angleicht - fertig ist der kommende Live-Klassiker.
Ein wenig Schiss war schon angebracht, ob es eine gute Idee der Krawallschwestern ist, sich im Jahr 2019 mit alten Glanztaten zu messen. Das Ergebnis befriedigt aber auf ganzer Linie. Auch wenn man eventuell ein wenig mehr Härte und Songs mit Suzi Gardners fiesem Knurrgesang vertragen könnte. Das meiste auf "Scatter The Rats" steuert - wieder einmal - Donita bei. Jammern auf hohem Niveau ...
3 Kommentare mit einer Antwort
bis auf einen song ist das album ein kompletter fail.
schade, denn die beiden vorabsingles fand ich eigentlich ganz brauchbar.
"20 Jahre ohne L7-Album: Wie haben wir das nur ausgehalten?" überraschender weise tatsächlich erstaunlich gut. ich habe derweil mein herz an jessicka fondera von Jack Off Jill/Scarling ♥ ♥ ♥ verloren und heimlich für kittie geschwärmt (und mich dafür geschämt)
ich fand ja damals rockbitch richtig toll.
also jetzt nicht von der musik her, die war natürlich völlig beschissen, aber ansonsten hatten sie das konzept frauenrockband schon gut verstanden.
Ist jetzt nicht der Oberkracher, aber durchaus solide. Und hat einen gewissen Nostalgiebonus.