laut.de-Kritik

Musik für Diskos, die Partymaus oder Bienenkorb heißen.

Review von

Früh übt sich, was einmal Feuilletonist werden will. Bereits im zarten Alter von 15 Jahren spottete ich über die gleichaltrige LaFee: Kinderkacke! Kein Wunder – wurde das Mädel aus dem Rheinland, Geburtsname Christina Klein, doch einst besonders auf den privaten Kinderkanälen ihrer Generation für die pubertierende Damenschaft frontalvermarktet. Da half aller Stromgitarre Verzerrung nicht, Prinzesschen war vielleicht picklig und pimpfig, aber niemals punk.

Beide, LaFee und ich, zählen mittlerweile zum alten Eisen. Fünf Studioalben umfasst ihre Diskographie, fünfhundert Verrisse meine Bibliographie. So als gestandener Allstar darf man sich an den ganz Großen versuchen – sie sich an den erfolgreichsten Kollegen der 1980er-Jahre und ich mich also an LaFee. "Zurück in die Zukunft" wagt sich überwiegend an Coverversionen, alle mutig übersetzt in die deutsche Sprache.

Zunächst einmal gibt es aber eine Programmansage an die gereifte Zielgruppe, sozusagen ein Revue-Medley zum Start. Alte Menschen sollen sich an die guten Zeiten erinnern, LaFee, geboren 1990, erinnert sich an ein Jahrzehnt, das sie nicht erlebt hat. Billige Synthesizer jagen bonbonsüß durch den Äther, die klebrige Masse stopft willig jedes leere Gehirn auf der Suche nach Zeitvertreib. Diese Musik hat Sil-ben, Tö-ne und Rei-me: "Zurück in die Zukunft, zurück ins Glück, wir drehen die Zeit mit diesen Songs nochmal zurück." Sind wir doch schon 50, ich und LaFee?

Früher hat sie sich "nur verstellt und wollte nur gefallen", so die Sängerin altersweise auf "Material Girl", und was macht sie heute? Deutschen Schlager. Edgy. Eigen. Ganz individuell auch ihr zu 50% aus dem Original bestehender Kommentar zu Falcos "Rock Me Amadeus". Langsam wird mir schlecht, Alphaville als "Japan ist weit" geht einfach zu weit. Wenigstens bleibt die Kirche im Dorf, Stolberg und Münster sind nur zwei Autostunden voneinander entfernt. Deswegen gleich auch noch "Forever Young" als "Für immer jung" hinterher, nicht in der Bushido-Übersetzung und ohne Karel, Gott hab ihn selig.

Überraschend angenehm fällt hingegen "Wenn der Regen auf uns fällt" aus, LaFee singt das Duett nicht mit dem Bruder von Michael Jackson, sondern mit dem Sohn von Costa Cordalis. Kitschiger Discofox für Diskotheken namens Partymaus oder Bienenkorb, dafür aber hervorragend geeignet. Nach dem siebzehnten Rüscherl rücke ich mir da auch mal die Stretchjeans zurecht. Alle träumen "nachts von San Pedro" ("La Isla Bonita") und wachen am Morgen wieder mit Fahne im Opel-Werk auf.

Noch ein paar mehr Fremdkompositionen schmücken die Platte. Kurz überfiel mich große Sorge, es könnte sich bei "Neonlicht" um ein Kraftwerk-Cover handeln. Beruhigt nahm ich zur Kenntnis, dass es sich an dieser Stelle jedoch um ein Original handelt, komponiert und getextet (wie übrigens alle Nicht-Cover) von Produzent Christian Geller. Der fabriziert auch die gängige Stangenware für Heino, Thomas Anders, Giovanni Zarrella und andere Individualisten, die nicht mehr verstellen und gefallen wollen. Ein Blick in die Credits verrät, dass LaFee dort nirgends auftaucht.

Nett und flott bis freundlich-frivol wird meine Altersgenossin auf dem Artwork der Kassette (!) präsentiert. Jeansjacke über drallem Busen, kurzes Höschen, riesen Ohrringe, dem Gruftifasching endgültig entwachsen. Auf den privaten Erwachsenenkanälen wird sie heutzutage für die Generation postmenstrual und viagral vermarktet. Fünfzehn Jahre Charakterbildung später würde ich mein damaliges Urteil leicht revidieren: Rentnerkacke!

Trackliste

  1. 1. Zurück in die Zukunft
  2. 2. Material Girl
  3. 3. Rock Me Amadeus
  4. 4. Zeit heilt die Zeit
  5. 5. Japan ist weit
  6. 6. Halt mich fest
  7. 7. Für immer jung
  8. 8. 1985
  9. 9. Wenn der Regen auf uns fällt (feat. Lucas Cordalis)
  10. 10. La Isla Bonita
  11. 11. Heisskalter Engel
  12. 12. Neonlicht
  13. 13. Ich will mit jemandem tanzen
  14. 14. Herz aus Glas
  15. 15. Drei Millionen Likes

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14 Kommentare mit 117 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Naise, dass wir so erwachsen und auf Augenhöhe über unser Alter talken konnten! :) Spricht Bände, dass ausgerechnet gewisse 1,5 Brüllis sich nicht beteiligt haben. ;) Kann halt nicht jeder aus seiner Rolle raus, wa?

    Direkt ma den Schwung mitnehmen... Nächstes Thema: Wohnorte! Würde mich besonders bei Bruder Robbe und Chris interessieren, wie schnell man sich mal auf ein Bierchen treffen könnte. ;) Also fang ich mal an: Königswinter bei Bonn

  • Vor 3 Jahren

    Was ist aus den Usern hier geworden? Früher wurde Lauti noch hämisch ausgelacht für das Löschen unerwünschter Kommentare. Heute scheint es gang und gebe zu sein. Haben die alten Herren nach ihrer Midlifecrisis Laut.de als ihr Äquivalent zur Stammkneipe als Rückzugsort, wo keiner stören darf?

    Morphi, wenn du schon genderst, dann doch bitte richtig:
    Manche Künstler*innen/außen werden hier*dort seit jeher aus Prinzip schlecht*gut bewertet.

    War selbst das schon zu viel für dich? Therapie kann helfen.

    • Vor 3 Jahren

      Das ist jetzt kurz bissl unangenehm, direkt danach für mich aber nie wieder, jedoch sollte es dir jemand sagen:

      Du erfüllst nicht die erforderlichen Mindestanforderungen um in irgendeiner Funktion abseits der Gruppe "schweigende Mehrheit" an der Show teilnehmen zu dürfen. Wir haben auch Ansprüche an unsere Kunst. Mit die niedrigsten im Internetz, aber wir haben welche!

      Das war's von mir, ich wünsche dir ein Leben und jetzt lösch dich! :)

    • Vor 3 Jahren

      Ach souli. Dafür, dass ich diese Anforderungen nicht erfülle, klebst du mir aber ganz schön an der Backe. Ich habe dich bisher nicht ein einziges Mal erwähnt oder dir geantwortet, dennoch beglücktest du mich in drei von fünf Fäden in denen ich stattfand.

    • Vor 3 Jahren

      Ja der ist ein wenig durch den Wind seit sich seine unerwiderte Liebe hier abgemeldet hat, aber ansonsten ist er ganz normal.

    • Vor 3 Jahren

      Niemanden interessiert mein selbstgefälliges Gesülze, kein Arsch ist so bescheuert und liest sich diese Textmonster freiwillig durch. Alle sind immer bestens im Bilde bzgl. meiner Story Arc. Mhmm. :)

    • Vor 3 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 3 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 3 Jahren

      Nein, war es nicht. Wollt in erster Linie nur mal gucken, ob du drauf reagierst. Ganz feines edgy Hündchen.

    • Vor 3 Jahren

      Bekomm ich jetzt ein Leckerli? Mein Schwanz wedelt schon, da mein Herrchen mich gelobt hat.

    • Vor 3 Jahren

      Gewöhnlich diskutieren wir hier nicht über unsere Schwänze. Die "geschwollenen Metten", "Küsse auf die Eichel" und "Metten, die sich in Freundschaft gereicht werden" haben allesamt streng metaphorischen Charakter.

  • Vor 3 Jahren

    Ich finde die Kritik am Album (wie so oft bei Laut.de bei LaFee) nicht objektiv.
    Das Album muss nicht unbedingt den persönlichen Geschmack des Rezensenten treffen, trotzdem muss es trotz vorhandener Apathie des Rezensenten LaFee gegenüber möglich sein objektiv zu bleiben.
    Meiner Meinung nach ist LaFee mit dem Album ein gutes Comeback gelungen auch wenn es nicht unbedingt meine persönliche Musikrichtung ist. Ein paar Songs vom Album (vor allem Rock me Amadeus) finde ich durchaus hörbar.

    • Vor 3 Jahren

      Es heißt Antipathie.

    • Vor 3 Jahren

      Dass Musikrezensionen sehr subjektiv sind, merkt man insbesondere an heutigen Rapreleases, bei denen lyrische Unfähigkeit, einsilbige Reimschemata und irgendwo mal außerhalb des Takts rumlaufen gerne mal mit 3/5 oder noch höher bewertet werden.

      Im Zusammenhang gesehen haben diese Platten allerdings was mit Lafee gemeinsam - man merkt ihnen an, wie ideenlos und hingeschissen sie sind. Insbesondere das Amadeus-Cover, bei dem Lafees Beitrag zum Song außerordentlich gering ist. Das ist "Musik" wie "ready player one" ein Film ist - eine Referenz an irgendwas, das man kennt oder mal gehört hat.

    • Vor 3 Jahren

      Wurde Ready Player One nicht übelst von Filmkritikern gefeiert? Ist nicht mein Filmgenre deshalb fand ichs recht öde, aber dein Einwurf verwundert mich gerade.

    • Vor 3 Jahren

      Ist n gefälliger Spielberg Schinken - keine große Kunst aber halt auch nicht schlecht.
      Für deinen versuchten Vergleich gibt es deutlich besser geeignete Filme