laut.de-Kritik
Auf den Spuren von Nina Simone und Mahalia Jackson.
Review von Sven KabelitzEs geschieht eher selten, dass ein Debüt-Album bereits wie der Höhepunkt einer langjährigen Karriere wirkt. Lady Blackbird gelingt dies mit "Black Acid Soul". Einem Longplayer, auf dem ihr mit einem Hauch von Soul-granierter Jazz in vergangene Jahrzehnte führt und ihre Stimme wie eine gut abgehangene Mischung aus Nina Simone und Mahalia Jackson klingt.
Es ist nicht Lady Blackbirds erster Versuch, im Musikbusiness Fuß zu fassen. 2013 brachte sie es unter ihrem eigenen Namen Marley Munroe auf die R'n'B-Promo-Single "Boomerang"", 2020 fand man ihre Vocals auf Supernovas "I Can't Stand It". Ansonsten blieben ihr Studio-Arbeiten und Live-Auftritte, um ihren Gesang zu formen. Ihre kehlige, ausdrucksvolle Stimme voller Kratzer klingt, als hätte sie bereits jeden Schmerz und jede Freude erlebt. Eine alte Seele, die es eher durch Zufall in unser Jahrzehnt schaffte.
Doch erst das Aufeinandertreffen mit dem für einen Grammy nominierten Produzenten Chris Seefried (Andra Day, Fitz And The Tantrums) brachte Bewegung in ihre Karriere. Zusammen fanden sie das perfekte Umfeld für die an der Grenze zur Ausnahmesängerin stehenden Lady Blackbird. Eine Umgebung, die sich auf das Wesentliche reduziert und ganz ihre Vocals in den Mittelpunkt stellt.
Ihr zur Seite stehen Bassist Jon Flaugher, Schlagzeuger Jimmy Paxson, Trombone Shorty and der Trompete und Pianist Deron Johnson. Johnson wurde in den späten 1980ern von Miles Davis entdeckt und begleitete ihn bis zu seinem Tod, spielte danach mit Stanley Clarke, aber auch abseits des Jazz mit Alanis Morissette und Seal. Den asketischen Retro-Sound ergänzen nur vereinzelt ein paar Streicher. Gemeinsam mit dieser Band entwickelt Munroe eine magnetische Anziehung.
Diese zieht schön mit den ersten Tönen von "Blackbird" in ihren Bann. Wie bei sechs weiteren Stücken handelt es sich hier um eine Cover-Version, hier von Nina Simones Bürgerrechtsbewegung-Hymne. Eine Vorlage, an der so manche Sängerin zerbrechen würde, nicht aber Munroe. Wie bei all den Covern findet sie mit ihrer Band einen ganz eigenen Zugang, dienen die Vorlagen eher als grobe Ausgangspunkte, aus denen heraus sich das eigentliche Lied entwickeln kann. So entwickelt "Black Acid Soul" eine Sprache für die aus den unterschiedlichsten Genres stammenden Songs
Bill Evans aus 1958 stammendes "Peace Piece" ergänzen Lady Blackbird und Seefried um eine eigenständige Gesangmelodie und Text. Dies brachte ihnen dank der Erlaubnis von Evans Erben die Co-Autorenschaft ein. Johnson veredelt das Stück durch ein Piano-Solo. Das eher unbekannte "Collage" der Rock-Band James Gang erwartet man in diesem Umfeld eher weniger. Auf das Fundament herunter gebrochen bleibt nur wenig von dem tief in den späten 1960ern verwurzelten Song.
Spuren unserer heutigen Zeit gibt es nur wenige, doch springen sie einem dann regelrecht ins Gesicht. Wenn Munroe in der von ihr und Seefried geschriebenen Eigenkomposition "Five Feet Tall" "Fuck me straight to my head" singt, dann wirkt das in diesem Umfeld so unpassend wie Marty McFlys Daunenjacke im Jahr 1955.
Es bleibt zu hoffen, dass Lady Blackbird ihrem exzellenten Debüt mit "Black Acid Soul" weitere Highlights folgen lässt. Dann erwartet uns noch Großes.
1 Kommentar mit einer Antwort
Ein Wort!
MEISTERWERK
Okay, Meisterwerk ist vielleicht doch etwas viel des Superlativs, aber ein richtig gutes Album ist es.