laut.de-Kritik

Lanas Debüt-Gedichtband in akustischer Form.

Review von

Mit "Violet Bent Backwards Over The Grass" veröffentlichte Lana Del Rey vor kurzem ihren ersten Gedichtband. Nun legt sie mit der Audio-Version nach, Del Rey reads Del Rey sozusagen. Vierzehn vertonte Gedichte beinhaltet das Audio-Gedichtbuch. Sowohl lyrisch als auch von der akustischen Gestaltung folgt die Vertonung der konsequenten Ästhetik der Künstlerin. Del Rey erschafft eine dichte Atmosphäre, ähnlich wie in ihren Songs. Es geht um Erinnerungen, Versprechungen, Enttäuschungen, Beziehungen, um Sprachbilder in ausgebleichter Polaroid-Ästhetik.

"L.A, I'm a dreamer, but I'm from nowhere, who am I to dream? / L.A, I'm upset, I have complaints, listen to me / They say I came from money and I didn't, and I didn't even have love, and it's unfair / / L.A, I sold my life rights for a big check and I'm upset" heißt es etwa im Eröffnungsgedicht "LA Who Am I To Love You". Überhaupt spricht sie gerne direkt an: Städte, verflossene Liebhaber, Orte. Gedankenflüsse, die in ihrem Ton oft an US-amerikanische Autor*Innen der Beat Generation erinnern.

Oft kommt einem etwa Allen Ginsberg in den Sinn, den Del Rey in der Vergangenheit ja schon auch als Einfluss auf ihr Werk nannte. Und weil bei Del Rey ja auch der American Dream, die Straße und das Glücksversprechen im Mittelpunkt steht, wird auch Jack Kerouac heraufbeschworen – eine weitere Symbolfigur der Beat Generation.

Eine trockene Poesie-Lesung ist "Violet Bent Backwards Over The Grass" dennoch nicht geworden. Die akustische Untermalung passt perfekt zu den Gedichten: Man hört im Hintergrund den Ozean und die Straße, E-Pianos ertönen, meist ganz spärlich, oder auch ein mit Jazzbesen gespieltes Schlagzeug. Del Rey spricht sanft, nahe am Mikrofon, manchmal säuseln die Plosivlaute so, als wolle Del Rey für ihre Anhänger ein ASMR-Video aufnehmen.

Beim vorletzten Gedicht "Paradise Is Very Fragile" verdichtet sich nicht nur die musikalische Atmosphäre. Del Rey zeichnet ein düsteres Bild der US-amerikanischen Gegenwart: "Down here in Florida / We're fighting red toxic tides / Mass of fish kills / Not to mention hurricanes and rising sea levels / Back in Los Angeles, things aren't looking much better / My treehouse that'd been standing for 80 years succumbed to the woolsy fire", heißt es darin. Dann wird's politisch noch konkreter: "Our leader is a megalomaniac / And we've seen that before / But never 'cause it was what the country deserved / My friends tell me to stop calling 911 on the culture / But it's either that or I 5150 myself" (Zur Erklärung: 5150 bezieht sich auf einen Gesetzescode zur kalifornischen Gesetzgebung zur Zwangseinweisung in eine psychiatrische Anstalt).

"Violet Bent Backwards Over The Grass" ist nicht nur eine melancholische und geglückte Gedichtsammlung, sondern fungiert auch als eine konsequente Weiterführung des Del-Rey'schen Themenkosmos.

Trackliste

  1. 1. LA Who Am I To Love You
  2. 2. The Land Of 1,000 Fires
  3. 3. Violets Bent Backwards Over The Grass
  4. 4. Past The Bushes Cypress Thriving
  5. 5. Salamander
  6. 6. Never To Heaven
  7. 7. Sport Cruiser
  8. 8. Tessa DiPietro
  9. 9. Quiet Waiter - Blue Forever
  10. 10. What Happened When I Left You?
  11. 11. Happy
  12. 12. My Bedroom Is A Sacred Place Now – There Are Children At The Foot Of My Bed
  13. 13. Paradise Is Very Fragile
  14. 14. Bare Feet On Linoleum

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5 Kommentare mit 24 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    warum dann nur 3 von 5, wenn keinerlei kritikpunkte genannt werden? diese rezesion ist leider nicht nachvollziehbar, würfelt ihr das in der redaktion? ich bin enttäuscht, zeigt lana del rey doch - v. a. sie mit ihren mexikanischen wurzeln wird häufig intersectionally discriminated, weil sie gleichzeitig noch eine frau ist - dass sie mindestens der bob dylan ihrer generation ist - aber gut, gibt „leider“ keinen vietnam-krieg...
    mit enttäuschten grüssen, eure sabse (2)

  • Vor 3 Jahren

    Mindestens der Bob Dylan ihrer Generation? Meinst du Generation Botox?
    Ich geb ja zu, dass ich wahrscheinlich zu stumpf bin, um die wahrhaftige Schönheit ihrer Gedichte erfassen zu können.
    Aber glaub mir - mir ist völlig egal, ob sie m/w/d ist oder woher sie kommt.
    Aber dass du praktisch jedem/r/s unterstellst frauenfeindlich oder gar nationalstisch zu sein, der ihre Gedichte nicht vergöttert, ist schon ziemlich erbärmlich.
    Ich finde ihre Gedichte mindestens genauso schön, wie die selbst gemalten Bilder von Lars Ulrich.

  • Vor 3 Jahren

    Das Gedicht über LA gefällt mir gut. Rest wird auch gehört.

  • Vor 3 Jahren

    Hab sie immer für ein vom Label auf 70er Grande Dame getrimmtes Marionettenpüppchen für unreflektierte Radiohörer gehalten. Lohnt wirklich?

    • Vor 3 Jahren

      nachvollziehbarer Fehler. Gönn dir mal ein bisschen was von ihrer Album Musik, da wirst du überrascht werden.

    • Vor 3 Jahren

      Wenn, dann wohl eher 60ziger.

      Dieses Album habe ich noch nicht gehört.
      Ihre anderen Alben finde ich ziemlich fantastisch.
      Also ja, lohnt sich!

    • Vor 3 Jahren

      60er, stimmt. Okay, danke, vllt trau ich mich

    • Vor 3 Jahren

      Ging mir auch immer wie Chris, Para hat mich bereits therapiert dazu. :) Habe aber noch wie vor keinen geeigneten Augenblick erwischt, da mal in Ruhe reinzuhören und hab auch nicht die größten Ambitionen dazu, mal sehen. Oder ich lass Chris einfach den Vortritt und guck mir erstmal seine Meinung an. ;)

    • Vor 3 Jahren

      Du meinst, dass es Dir hilft die Meinung eines anderen Hängers anzuhören, bevor Du Dir deine eigene Hänger-Meinung bildest? :lol:

    • Vor 3 Jahren

      Philosophiekurs für Rütlischüler: Wer ist der Hänger? Der, der erkennt, dass er hängt, oder der, der den Hang hat, sein Hängen zu verdrängen?

    • Vor 3 Jahren

      Persönliche Meinungen bzgl. Musik, von Leuten die offensichtlich einen ähnlichen Geschmack und eine ähnliche Einstellung haben (offen für viele Genres) wie ich: Klar, absolut gerne und super hilfreich.

      Mir helfen sogar Deine Scheuklappen-Tipps, Craze. ;)

    • Vor 3 Jahren

      Im Prinzip hat er mir ja auch nur galant die Arschkarte zugeschoben :D Mich schreckt aber auch weiterhin das ab, was ich bis dato kenne. Das klang nicht schlecht, aber eben nur mit Formatradio als Vergleichsfläche. Andererseits argumentiert man ja seit jeher selbst, dass Radiosingles nicht aussagekräftig für das Gesamtwerk sind...

    • Vor 3 Jahren

      Bin definitiv kein Fan von ihr, aber lyrisch und musikalisch hat sie zweifelsfrei um Welten mehr auf dem Kasten als die lustigen Partyhühner, die im Chartsradio ihre eigenen Produktwerbejingles herumträllern müssen.

  • Vor 3 Jahren

    reaktionäre frau, die reaktionäre musik für reaktionäre antifeministen macht.