laut.de-Kritik

"Mann, ist das langweilig, lass uns doch was machen ..."

Review von

Heute als Bandmitglied Berlin-Mitte gut zu finden und mit gestreiften Klamotten und bedeutungsvollem Gesichtsausdruck am Alex rumzuhängen, ist ungefähr so sinnvoll, wie heute Michael Schumacher-Fan zu werden. Die Zeit dafür ist längst vorbei. Bis zu Laxrosa hat sich das anscheinend noch nicht herumgesprochen. Das Cover ihres selbstbetitelten Debüts zeigt, woher der Wind weht. Und die dreizehn Lieder würden selbst in Berlin-Mitte, wenn es noch so trendy wäre wie auf diesem Cover, schon nicht mehr zu hören sein.

Denn ähnliche Musik hat man einfach schon zu oft gehört, über Strecken findet man hier noch nicht einmal aufregende Texte oder mitreißende Musik. Obwohl es toll losgeht: "Er küsst so gut", geschrieben von Annette Humpe, der ehemaligen Ideal-Sängerin und Schwester von 2raumwohnung-Inga, beginnt mit einem Riff, das ganz Berlin-untypisch an Status Quo erinnert. Dazu legt Sängerin Karen Sievers los, herrlich antriebslos nölt sie herum, dass der Auserwählte außer gut Küssen nichts so recht kann. Sehr charmant, das.

Auch "Fernsehen" geht noch gut durch, Sievers singt wie Judith Holofernes, sie will "raus ins Grüne / zu der Wanderdüne", dazu rockts ein wenig und der Refrain bleibt im Ohr haften. Die naive Mitte-Aufbruchstimmung funktioniert auch auf "Was zu tun ist". Schwurbel-Keyboards und putzige Texte gegen die Verbissenheit machen eh immer Spaß. Spätestens aber bei "U-Bahn" fällt das Schmunzeln, hier über vermeintlich niedliche U-Bahn-Begegnungen, auch wenn sich "U-Bahn" wirklich schön auf "(Schaust mich) Du an" reimt. Zwischenteile à la "Uhuhu-uh-uhu" dürfen hier nicht fehlen.

"Chaos" indiepoprockt ganz gut los, aber abgesehen vom Text, der sich einem kaum erschließt, gerät das musikalisch leider arg harmlos. "Was wir wollen" ist wieder ein Stückchen Wir sind Helden, die wohl mittlerweile als Vorreiter einer ganzen Bandbewegung in Berlin herhalten müssen. Musikalisch und textlich bewegen sich Laxrosa aber leider in einer anderen Liga. "Wintermorgen" vertont eine harmlose Ausfluchtsfantasie, "Geschichten" besitzt zwar Pop-Appeal, aber textlich ist einiges im Argen: "Wir sitzen hier zusammen bei Bier und Wein und fangen an, uns Geschichten zu erzählen. Ich schweife ab, denk an andere Sachen. Mann, ist das langweilig, lass uns doch was machen, alles schon gesehen, alles schon passiert, irgendetwas passieren, das wirklich interessiert."

Diese banale Weinerlichkeit gelangweilter junger Hauptstadtmenschen nervt einfach. "Die Profis" dagegen wirkt wieder ach so verspielt und stellt keinen schönen Abklatsch der großen Vorbilder aus Berlin dar, ebenso "Träume sind Schäume". Sängerin Sievers versucht Judith Holofernes hier so exakt zu imitieren, als sei es der heilsbringende Dialekt der deutschen, ähh, Berliner Gefühlswelt. "Räume" piepst und knarzt ein wenig, "Auf der Flucht" ist einfach nicht aufregend.

Natürlich kann schicker deutscher Pop aus Mitte immer noch funktionieren, auch mit Alexanderplatz-Cover und so. Aber der Inhalt der Platte bestätigt teilweise schon sämtliche Klischee-Befürchtungen: Es soll hier ein jugendliches Gefühl transportiert werden, das auf Teufel komm raus irgendwie in dieses Post-Helden-Schema reinpasst. Das Experiment geht streckenweise schief.

Trackliste

  1. 1. Er Küsst So Gut
  2. 2. Fernsehen
  3. 3. Was Zu Tun Ist
  4. 4. U-Bahn
  5. 5. Chaos
  6. 6. Was Wir Wollen
  7. 7. Wintermorgen
  8. 8. Geschichten
  9. 9. Die Profis
  10. 10. Träume Sind Schäume
  11. 11. Räume
  12. 12. Auf Der Flucht
  13. 13. Was Anderes

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