laut.de-Kritik
Ein Paukenschlag, der noch lange nachhallt.
Review von Daniel StraubVor 35 Jahren debütierte Leonard Cohen als Songwriter mit "Songs Of Leonard Cohen". Ein Paukenschlag, der auch Jahrzehnte später nichts von seiner Mächtigkeit eingebüßt hat. Cohens Songs haben eine bedeutungsschwere Leichtigkeit, die sie über dem unaufhaltsamen Strom der Zeit schweben lassen. "The Essential", der Titel verrät es bereits, macht den Versuch, die feinsten Songs aus 15 Alben heraus zu picken und auf einer Doppel-CD zu vereinigen.
Eine Aufgabe, die längst überfällig war, schließlich sind seit der letzten "Best Of"-Platte immerhin schon rund 30 Jahre ins Land gegangen. So spannt "The Essential" den Bogen von den späten 60ern ins neue Jahrtausend und würzt das beeindruckende Frühwerk Cohens mit ebenso schmackhaften Zutaten jüngeren Datums. Einzig "Lady Midnight" fehlt im Reigen der großen Cohen-Songs.
Eine Gewichtung oder Abstufung der 31 Songs vorzunehmen fällt schwer. Die meisten Lieder beschwören trotz ihrer über die Jahre hinweg etablierten Vertrautheit ein Gefühl der Intensität herauf, gehen direkt ins Herz und lassen es in sehnsüchtiger Trauer zurück; bis zum nächsten Mal. Leonard Cohen, der singende Poet, ist ein Suchender.
Er bleibt nirgends lange stehen, wandert immer weiter. Bei der schon halb in den Wahnsinn entrückten "Suzanne" beginnt der singende Poet den Weg der Erkenntnis, tröstet sich mit den "Sisters Of Mercy", um sich schon bald mit einem beklemmenden "So Long, Marianne" zu neuen Ufern aufzumachen. Dort feiert er mit "Who By Fire" das Versöhnungsfest Jom Kippur und nascht mit "Hallelujah" die ersten Früchte vom Baum der Erkenntnis. Am Ziel ist Cohen indes noch lange nicht angekommen.
Doch der oftmals fatalistische Unterton der alten Tage weicht allmählich einer zuversichtlichen Gelassenheit, wie in "Ain't No Cure For Love". Dabei verleiht Cohen einer solch alltäglichen, um nicht zu sagen banalen Einsicht eine Tiefe, die seine große lyrische Stärke ist.
Wenn sich diese mit seinem feinen Gespür für das richtige Arrangement verbindet wie bei "Waiting For The Miracle", dann glaubt man Leonard Cohen fast am Ziel seiner Suche. Wie ein fernes Echo hallt es dann aus der Vergangenheit: "But I Must Go On, The Frontiers Are My Prison".
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